Fritz Mali, (eigentl. Malke oder Malka); Widerstandskämpferin, Übersetzerin und Autorin
Geb. Busk, Galizien (Ukraine), 16. 9.1912 (1913)
Gest. Wien, 8.7.1996
M. F. wird am 16. September 1912 (nach anderen Angaben 1913) als eines von sieben Kindern der jüdischen Familie Padwa in Busk (Galizien) geboren. Sie wächst in Wien auf und besucht hier das Realgymnasium, das sie mit der Matura abschließt. Sie knüpft Kontakte zu kommunistischen Jugendlichen und ist 1933/34 für die Rote Hilfe tätig. Als Teilorganisation der KPÖ war die Rote Hilfe ab Juni 1933 verboten, sie stellte ihre Aktivitäten allerdings nicht ein, sondern diese erreichten in Folge der Februarkämpfe 1934 sogar einen Höhepunkt. Das Mitwirken bei den Sammlungen dieser ArbeiterInnenselbsthilfeorganisation gilt als Hochverrat und wurde nach der Annexion Österreichs durch die Nationalsozialisten besonders scharf verfolgt.
Ab 1935 arbeitet M. F. als Au-Pair Mädchen zunächst in London und später in Paris. Sie beherbergte in ihrer Pariser Wohnung Emigranten, die in ihren Heimatländern politisch verfolgt worden waren und sich illegal in Frankreich aufhielten. Kurz vor der Besetzung von Paris durch deutsche Truppen flüchtet M. F. 1940 mit einer Gruppe politischer Emigrantinnen vor den Nationalsozialisten nach Montauban in Südfrankreich. Dort lernt sie ihren späteren Mann, Heinrich Fritz, kennen. Im Frühjahr 1941 wird M. F. verhaftet und im Herbst desselben Jahres vor ein Militärgericht gestellt. Obwohl sie zunächst freigesprochen wird, erfolgt ihre Internierung in das Frauenlager Rieucros, später wird sie in das Lager Berns gebracht. Von dort aus gelingt ihr die Flucht nach Marseille. Sie wird jedoch kurz danach erneut verhaftet, diesmal gemeinsam mit Heinrich Fritz, und im Gefängnis von Chalon-sur-Saône eingesperrt. Die beiden werden aneinander gekettet über Dijon nach Karlsruhe gebracht und schließlich in Bruchsal inhaftiert. Auf der Strecke München-Salzburg werden sie getrennt. Heinrich Fritz wird nach einem Gefängnisaufenthalt Ende 1942 nach Dachau überstellt. M. F. wird nach Wien deportiert, wo sie im Gestapo-Hauptquartier am Morzinplatz mehreren Verhören und Folterungen unterzogen wird. Nach neun Monaten Gestapohaft wird sie nach Auschwitz deportiert und im Jänner 1945 nach Ravensbrück evakuiert. Die durch die Lagerhaft ohnehin geschwächten Häftlinge sind bei eisiger Kälte teils zu Fuß, teils in Viehwaggons unterwegs. In Ravensbrück verschafft ihr Maria Berner, eine Mitarbeiterin des von der österreichischen Kommunistin Mela Ernst geleiteten illegalen Widerstandsnetzes, den roten Winkel, das Kennzeichen für politische Gefangene. Mit diesem kann M. F. vor der Vernichtung als rassisch Verfolgte bewahrt werden. Mit Hilfe von falschen Papieren wird sie zur Arbeit bei den Siemenswerken eingeteilt. Bei der Auflösung des Frauenkonzentrationslagers Ravensbrück im April 1945 kann sie gemeinsam mit Hermine Jursa aus einer Gefangenenkolonne fliehen. Die beiden Frauen kommen nach einem strapaziösen Fußmarsch sechs Wochen später in Wien an. Dort trifft M. F. zu ihrer Freude ihren tot geglaubten Mitgefangenen und Leidensgenossen Heinrich Fritz überraschend wieder. Bald danach heiraten die beiden.
Wie viele der Überlebenden aus den Konzentrationslagern ist M. F. über das Verhalten der einheimischen Bevölkerung bestürzt. Die Stimmung in Wien ist von der Konzentration auf das eigene Leid durch den „verlorenen“ Krieg und die Bombardierungen der Alliierten geprägt. Der politische Widerstand gegen das NS-Regime wurde von vielen als kriminelles Delikt angesehen. Nach 1945 ist M. F. wieder politisch tätig. 1948 wird ihr Sohn Ernst geboren; sie absolviert ein Studium an der Universität Wien, arbeitet als Übersetzerin und stellt sich als Zeitzeugin in Schulen zur Verfügung. Bis zu ihrem Tod am 8. Juli 1996 bleibt sie politisch interessiert.
W.: „Essig gegen den Durst. 565 Tage in Auschwitz“ (1986), „Gem. m. Hermine Jursa: Es lebe das Leben. Tage nach Ravensbrück“ (1983)
L.: Berger 1985, Berger 1987, Fritz 1990, Müller 1997a, www.klahrgesellschaft.at
Karin Nusko