Euphemia von Kuenring-Pottendorf
Geb. ?
Gest. an einem 19. Februar 1284 oder 1285
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Heinrich III. von Kuenring, „der Hund“ († ?) und Gräfin Adelheid von Falkenstein-Neuenburg; Geschwister: Hadmar IV. († um 1250); Heinrich V. „Hündchen“.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet: 1. Irnfrid von Hindberg († nach April 1237); 2. Rudolf von Pottendorf († [vielleicht 22. Jänner] 1263); Kinder aus der zweiten Ehe: Rudolf († ca. 1265); Heinrich der Hund († ca. 1312/16), verheiratet mit Kunigunde von Tubna; Konrad (†1321), verheiratet in erster Ehe mit Katharina von Rauhenstein (?), in zweiter mit Hedwig von Goldeck; Euphemia, verheiratet mit Otto von Perchtoldsdorf; Adelheid, verheiratet in erster Ehe mit N. von Zelking; in zweiter Ehe mit Otto von Liechtenstein.
Laufbahn: E. war die Tochter Heinrichs III. (I.) von Kuenring, mit dem Beinamen „der Hund“ und der Gräfin Adelheid von Neuburg-Falkenstein. Benannt wurde sie nach ihrer Großmutter Euphemia von Mistelbach, die den als ehrenvoll geltenden Beinamen „der Hund“ in die Familie der Kuenringer einbrachte, und der von den Kuenringern durch E. an die Pottendorfer kam. In erster Ehe war sie mit Irnfried von Hindberg verheiratet, nach dessen Tod (1238) mit Rudolf von Pottendorf. Der Hinweis auf die Ehe mit Irnfrid von Hindberg ist einem Diplom von 1252 zu entnehmen, mit dem sie erstmals urkundlich in Erscheinung tritt und als Ehefrau Rudolfs von Pottendorf ausgewiesen ist. Sie nennt sich hier und wie zumeist auch in anderen Urkunden nach ihrer Herkunftsfamilie „Eufemia von Kuenring“. Mit Rudolf von Pottendorf, der gegenüber seiner willensstarken Ehefrau deutlich im Hintergrund steht, hatte sie mindestens sechs Kinder: Rudolf, Heinrich „der Hund“, Konrad, Siboto, Adelheid und Eufemia. Deren Namensgebung ist auffallend durch deren mütterliche Verwandtschaft beeinflusst. In der sogenannten „Bärenhaut“ („Liber fundatorum Zwetlensis monasterii“) findet sich auf folio 27r ein ganzseitiger Stammbaum mit Heinrich I. (III.) von Kuenring und seinen Kindern Hadmar IV., Heinrich III. und Eufemia. Da ihre Brüder Hadmar IV. und Heinrich V., kinderlos starben, ist Eufemia mit fünf ihrer Kinder – der Sohn Rudolf fehlt –, und einem Enkel, Rudolf, der Sohn von E.s Tochter Adelheid von Liechtenstein, abgebildet. Durch den erbenlosen Tod ihrer Brüder kamen Teile von deren Allodialbesitz sowie die Stammburg ihres Geschlechts, Kühnring, in ihre Hand.
Das Gros der von E. überkommenen urkundlichen Überlieferung betrifft Streitsachen, die sie mit einer von Stolz auf ihre kuenringische Herkunft motivierten Vehemenz und Ausdauer verfolgte. Die von ihr angestrengten Prozesse besaßen auch eine rechts- und verfassungsgeschichtliche Relevanz. Die Streitfälle werfen auch ein Licht auf E.s Charakter. Über Jahrzehnte war sie in verschiedene Auseinandersetzungen mit der von ihrer Familie 1137 gegründeten Zisterze Zwettl verwickelt. Zwischen der Gründerfamilie und dem Kloster war es zu Unstimmigkeiten gekommen, da das Kloster sich zunächst geweigert hatte, E.s Vater und Onkel im Kloster zu bestatten. Nach dem Tod ihrer Brüder, beanspruchte sie das Gut Strahlbach, das diese 1233 dem Kloster anlässlich der Beerdigung ihres Vaters geschenkt hatten. Der über Jahre währende Streit endete schließlich mit einem Vergleich 1256. Erneut kam es zu Konflikten mit dem Hauskloster der Kuenringer, da E. das Patronatsrecht der Zwettler Pfarrkirche beanspruchte, und dieses wollte sie 1268 trotz heftiger Proteste seitens zweier ihrer Söhne und ihrer Töchter dem Deutschen Orden übertragen. Das Stift schaltete den Papst ein, E. wandte sich an den österreichischen Landesherren König Ottokar II. Přemysl. 1276 lenkte sie schließlich ein und nahm die Schenkung der Pfarrkirche an den Deutschen Orden zurück, doch der endgültige Vergleich kam erst 1278 zustande. Sowohl Zwettl als auch E. zogen des römischen Rechts kundige Juristen heran. Auch in den Auseinandersetzungen der Stadt Eggenburg mit der Zisterze Zwettl soll sie ihre Hand im Spiel gehabt haben.
Sehr erfolgreich agierte E. im Fall von Hernstein. E.s Onkel mütterlicherseits, Konrad von Falkenstein-Neuburg († 1260) hatte 1245 und 1246 seine Allode in Bayern und Österreich an den Bischof von Freising verkauft. 1263 war ihr Mann Rudolf von Pottendorf verstorben. Im selben Jahr bemächtigte sie sich der Burg und der Herrschaft Hernstein, die sie als Tochter der Gräfin Adelheid beanspruchte, ungeachtet dessen, dass ihre Mutter durch ihre Heirat mit einem Ministerialen ihren Rechtsstatus als Freie verlustig gegangen war und die Kinder der „ärgeren Hand“ folgten, und trotz der von ihrem Onkel abgeschlossenen Kaufverträge. Über eine richterliche Entscheidung von 1267 setzte sie sich hinweg. Gegen E. hatten sich nicht nur der von König Ottokar II. Přemysl beauftragte „Reiserichter“ ausgesprochen, sondern auch ihre Standesgenossen aus der Ministerialität. Bis zum Verkauf 1380 an den Herzog von Österreich blieb Hernstein in der Familie der Pottendorfer.
Die letzte Erwähnung E.s findet sich im Zwettler Stiftungsbuch, als sie am 1. März 1283 eine Urkunde siegelte.
L.: Becker/Zahn 1889, Die Kuenringer 1981, Freed 1984, Frieß 1874, Haider 1970, Liber fundatorum Zwetlensis 1981, Meiller 1857, Mitscha-Märheim 1974, Noichl 1978, Plesser 1954, Weltin 2004, Zehetmayer 2001
Ingrid Roitner