Elisabeth von Österreich (Habsburg); Frau König Kasimirs IV. von Polen, Großfürst von Litauen (1446-1492)
Geb. Wien, 1436 (oder 1437)
Gest. Krakau (Polen), 30.8.1505

Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Herzog Albrecht V. von Österreich (Habsburg), seit 1438 als deutscher König Albrecht II. (1438-1439), König von Böhmen und Ungarn, und Elisabeth von Luxemburg, Tochter Kaiser Sigismunds (†1437); Geschwister: Anna, verheiratet mit: Ladislaus Postumus (1440-1457); Kinder: Wladislaw Ladislaus (Władisław) (1456-1516), König von Böhmen und Ungarn, nach Annulierung der beiden Verbindungen mit Barbara von Brandenburg (Hohenzollern) (†1515), Heirat „per procurationem“ und mit Beatrix von Neapel-Aragόn (†1508), Witwe nach Matthias Corvinus (†1490), 1500, verheiratet mit Anne de Foix de Candale (†1506); Hedwig (Jadwiga) (1457-1502), verheiratet mit Herzog Georg von Bayern (†1503); Kasimir (Kazimierz) (1458-1484) heilig gesprochen; Johann Albrecht (Jan Olbrecht) (1459-1501), König von Polen; Alexander (Aleksander) (1461-1506), König von Polen, Großfürst von Litauen, verheiratet mit Helena, Tochter des Großfürsten Iwan von Moskau (†1476); Sophia (Zofia)1464-1512, verheiratet mit Markgraf und Kurfürst Friedrich von Brandenburg (†1536); Sigismund I. (1467-1548), König von Polen, Großfürst von Litauen, verheiratet in erster Ehe mit Barbara Zapolya (†1515), in zweiter Ehe mit Bona Sforza (†1557); Friedrich (Fryderyk) (1468-1503), Kardinalprimas, Erzbischof von Gnesen und Bischof von Krakau; Anna (1476-1503), verheiratet mit Fürst Bogusław X. von Pommern (†1523); Barbara (1478-1543), verheiratet mit Georg von Sachsen (†1539); Elisabeth (Elżbieta) (1483-1517), verheiratet mit Friedrich II. von Liegnitz (†1547).
Laufbahn: E., 1436 (oder 1437) in Wien geboren, war bereits im Alter von sechs (oder sieben) Jahren Vollwaise. Sie wuchs unter Obsorge ihres Onkels, seit 1452 Kaiser, Friedrich III. (†1493) heran, an dessen frühhumanistisch geprägten Hof in Wiener Neustadt zusammen mit ihrer Schwester Anna und ihrem Bruder Ladislaus „Postumus“ heran. Über das Leben E.s bis zu ihrer Hochzeit 1454 mit dem 27-jährigen König Kasimir IV. Jagiello von Polen, Großfürst von Litauen (1446-1492) ist nicht viel bekannt. Als ihre Amme kann vermutlich die Prennerin angesehen werden, für die sich ihre Mutter in einem Brief vom Mai 1439 aus Pressburg an den Bürgermeister und Rat der Stadt Wien einsetzt. Eine wichtige Bezugsperson dürfte auch die Kammerfrau der Königin Elisabeth, Helene Kottaner († nach 1470), gewesen sein, deren Autobiographie unter dem Titel „Denkwürdigkeiten” Einblicke in die politischen Ereignisse der Jahre 1439 und 1440 gibt. Ihrem Bruder Ladislaus wurde am Hof Friedrichs in Wien und Wiener Neustadt eine sorgfältige Erziehung im humanistischen Geist zuteil. Der italienische Humanist und zum Papst aufgestiegene Aeneas Silvius Piccolomini (1405-1464), seit 1458 Papst Pius II., hielt sich seit etwa 1442 am Hof Friedrichs in Wien auf und schrieb für Ladislaus einen Erziehungstraktat „Äneas, Bischof von Triest, an seinen Herrn, den erlauchten Fürsten und König von Pannonien und Böhmen, den mächtigen Beherrscher von Österreich”. Inwieweit auch E. in demselben Geist und von denselben Lehrern erzogen wurde, ist nicht bekannt. Doch das Engagement E.s als polnische Königin in Fragen der Erziehung sowie in kulturellen und politischen Belangen erlauben den Schluss zu, dass auch sie eine entsprechende Ausbildung erhalten hat.
Die Hochzeit mit Kasimir fand am 10. Februar in Krakau statt. Giovanni Capistrano (†1456), der sich in E.s Gefolge befand, nahm die Trauung vor. Am selben Tag wurde E. zur polnischen Königin gekrönt. Der Hochzeit sind 1453 Verhandlungen über den Ehevertrag durch den zukünftigen Ehemann E.s und ihren Bruder Ladislaus Postumus vorausgegangen. Darin wurde eine Mitgift von 100.000 ungarischen Gulden, zahlbar in drei Jahren, abgesichert zu je einem Drittel durch Landgüter in Österreich, Böhmen und Ungarn, festgeschrieben. Für den Fall von Ladislaus’ Tod vor Erfüllung der Zahlungsverpflichtungen erklärte sich Kasimir mit der einmaligen Zahlung von 32.000 Gulden einverstanden. E. wurden ferner 5.000 Gulden aus den Salzbergwerken in Wieliczka und Bochnia als jährliche Unterhaltszahlung überschrieben. E. verzichtete auf ihr Erbe in Österreich und erhielt von Kasimir im Gegenzug ein Leibgedinge als Versorgung für den Witwenstand, Einkünfte aus den Städten Kołlo, Opoczno und Przedecz. Ladislaus starb schon 1457, jedoch erst 1476 leistete Kaiser Friedrich II. eine erste Abschlagszahlung von 3.000 Gulden. Über die ihr von ihrem Bruder zugesicherten Mittel konnte E. demnach nicht verfügen. E.s finanzielle Situation verbesserte sich erheblich, als ihr Kasimir nach dem Tod seiner Mutter 1461 eine beachtliche Anzahl königlicher Güter überschrieb.
Im Laufe ihrer Ehe gebar sie dreizehn Kinder, davon sieben Töchter und sechs Söhne; zwei Töchter, die beide den Namen Elisabeth trugen, starben früh.
Als polnische Königin zeigt sie höchstes Engagement als Auftraggeberin von Kunstwerken am jagiellonischen Hof in Krakau, dabei übertrifft sie ihren Mann. Wenn dieser als Stifter tätig wird, geschieht das zumeist zusammen mit E. Gemeinsam mit ihrem Mann gab sie 1454 ein Szepter für Kardinal Zbgniew Oleśnicki und das Triptychon „Heilige Dreifaltigkeit“ (1467) in der Kathedrale auf dem Wawel in Auftrag. Um 1470 stiftete sie die Heiligkreuzkapelle in der Krakauer Kathedrale. Die Malerei in der Kapelle wiederum wurde vom Herrscherpaar gemeinsam gestiftet. Das anlässlich des Todes des später heilig gesprochenen Sohnes Kasimir 1484 errichtete Triptychon „Schmerzensreiche Gottesmutter“ ist als eine Stiftung E.s ausgewiesen. Die von E. veranlasste Kapelle hatte die Funktion einer Grabkapelle für das Herrscherpaar sowie für dessen beide jung verstorbenen Töchter. Das von der Werkstatt von Veit Stoß (†1533) in Krakau ausgeführte Grabmal für Kasimir ist wahrscheinlich von E. gestiftet worden.
Das in der künstlerischen Gestaltung der Heiligkreuzkapelle zum Ausdruck gebrachte religiöse Programm steht im Zeichen der Verehrung des Heiligen Kreuzes, aber auch ganz besonders unter den Auspizien des von den Jagiellonen propagierten Marienkultes, verbunden mit dem Begründer der Dynastie Wladislaw II. der Jagiellone (Władisław II. Jagiełło) (†1434). Darüber hinaus wird eine politisch-dynastische Ikonographie manifest, die auf eine Gleichsetzung der polnischen Monarchie mit dem Kaisertum sowie der dynastische Anspruch der Jagiellonen auf die böhmische und ungarische Krone, wobei explizit auf E. als Enkelin des Kaisers und Königs von Böhmen und Ungarn Sigismund, rekurriert wird.
Anlass für eine weitere Stiftung E.s war der Tod ihres dritten Sohnes Johann Albrecht. Er war nach Kasimirs Tod mit Unterstützung E.s auf den Thron gelangt. Bereits neun Jahre später (1501) starb der unverheiratet gebliebene Monarch. Während der Sohn Kasimir in der Kathedrale in Wilna seine letzte Ruhestätte fand, ließ sie für Johann Albrecht die Fronleichnamskapelle mit dem Grabmal Johann Albrechts im spätgotischen Stil errichten. 1503 wurde die auf der Südseite der Krakauer Kathedrale befindliche Kapelle Johannes Evangelista zu teilen, um dort die Kapelle mit dem Grabmal für Johann Albrecht zu errichten.
Darüber hinaus weist ein Inventar der Kathedrale in Krakau von 1563 eine erhebliche Anzahl von Schenkungen E.s an Kunstwerken aus dem Bereich der Goldschmiede- und Buchkunst sowie von Textilien auf; darunter ragt besonders ein Ornat mit einer nicht mehr erhaltenen Dalmatika sowie die Reliquiendose des polnischen Nationalheiligen, des Krakauer Bischofs Stanislaus (†1079) hervor. Das mit Edelsteinen reich verzierte Reliquiar aus reinem Gold hat die Jahreszahl 1504, die Inschrift am Deckelrand weist die Schenkung als gemeinsame Initiative von E. und ihren Söhnen Johann Albrecht und Friedrich aus, die aber zum Zeitpunkt der Fertigstellung des Behältnisses bereits tot waren.
Noch zu wenig erforscht ist die Bibliophilie der Königin. Die beiden von ihr gestifteten Kapellen wurden auch mit den notwendigen liturgischen und hagiographischen Büchern ausgestattet. Ebenso beschenkte sie den Sohn Friedrich, Kardinal, Bischof von Krakau und Erzbischof von Gnesen, mit wertvollen Büchern.
Die von E. geförderten Frömmigkeitsformen sowie die von ihr vertretenen Erziehungsideale, wie sie im Trakatat „De institutione regii pueri” (siehe unten) niedergelegt wurden, blieben sicher nicht ohne Einwirkung auf ihre Söhne und Töchter, die als Könige von Polen, Böhmen und Ungarn bzw. verheiratet an europäischen Höfen, Politik und Kultur aktiv gestalteten bzw. mitbestimmten, so dass ihre Bedeutung über den Krakauer Hof und Polen hinaus nicht zu gering veranschlagt werden sollte.
E. starb am 30. August 1505 in Krakau und wurde ihrem Wunsch gemäß in der Heiligkreuzkapelle auf dem Wawel beigesetzt.
W.: Besondere Aufmerksamkeit verdient ein Buch, das aufs engste mit der Königin verbunden ist. Der Erziehungstraktat „De institutione regii pueri” (ed. Zeissberg), den E. ihrem Sohn Ladislaus, König von Polen und Ungarn widmete. Anlass war die Vermählung ihres Sohnes mit Anne de Foix 1502. Das Thema ist die Geburt und Erziehung eines künftigen Thronfolgers. Darin wird ein vom Humanismus geprägter Bildungskanon propagiert, aber auch die Orientierung an Vorbildern aus der eigenen Familie empfohlen. Das angestrebte Ideal ist die höchste Entfaltung der menschlichen Persönlichkeit. Der Text wurde mit großer Wahrscheinlichkeit von E. verfasst. Inwieweit der für ihren Bruder Ladislaus Postumus verfasste Traktat von Aeneas Silvius Piccolomini sowie dessen bereits 1443 entstandenes Werk „De liberorum educatione“ für E.s Abhandlung maßgeblich waren, ist noch nicht geklärt. „De institutione regii pueri” war die erste Schrift pädagogischen Inhalts in der polnischen Literatur. Der erwartete Thronfolger kam erst nach der Geburt einer Tochter, Anna (1503), 1506 zur Welt, als die Großmutter bereits tot war.
Abbildung: 1. Stammbaum der Jagiellonen aus den Statuten Jan Łaskis (†1531), 1506, Krakau, Biblioteka Jagiellońska, fol. LXXXV: Detail: Kasimir IV. und E. mit ihren dreizehn Kindern (Langer, 232, Abb. 1).
2. Stammbaum der Jagiellonen, von Olgerd, dem Vater Ladislaus Jagiełło bis zu Isabella der Jagiellonin (†1559), der Tochter Sigismunds I. (†1568), zwei Holzschnitte zu je 27× 19 cm bilden ein Ganzes, aus Jodok Ludwik Decjusz (†1545), De vetustatibus Polonorum, Liber I. De Jagellonum Familia, Liber II. De Sigismundi Regis temporibus, Liber III. Krakόw Hieronim Wietor, 1521, Krakau, Nationalmuseum, XVI/Cim. 5 III, erster Holzschnitt, beginnend in der ersten Reihe links mit Olgerd: Kasimir und E. dargestellt in der zweiten Reihe, ganz rechts (Katalog: Polen im Zeitalter Jagiellonen, 452).
3. Gerardus de Roo († 1589), Annales rerum belli domique ab Austriacis Hapsburgicae gentis principibus a Rudolpho ad Carolum V gestarum (Innsbruck 1592) bzw. in der deutschsprachigen Ausgabe: Annales oder historische Chronik der durchlauchtigsten Fürsten und Herren Erzhertzogen zu österreichen Habsburgischen Stammes (Augsburg 1621) 244: Brustbild mit Krone.

L.: Duczmal 1996, Fößel 2000, Langer 2001, Leitsch 1988, Perzanowska 1986, Rhode 1942, Zeissberg o. J.

Ingrid Roitner