Elisabeth-Ryksa (auch Richsa, Rixa oder Richenza) (Eliska Rejcka)
Geb. 1.9.1288
Gest. 19.10.1335

Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: Przemysl (Premyslaw) II., Herzog von Großpolen, König von Polen (†1296) und der Rixa (Richenza), Tochter König Waldemars von Schweden verheiratet mit Przemysl seit 11. Oktober 1285 († wahrscheinlich vor 1291) Przemysls zweite Frau; erste Ehe mit König Wenzel II. von Böhmen (†1303); Stiefsohn Wenzel III. (1289-1306); Stieftöchter: Anna (†1313), verheiratet mit Heinrich von Tirol-Kärnten (†1335), König von Böhmen (1307-1310); Elisabeth (†1330), verheiratet mit Johann von Luxemburg, König von Böhmen (1310-1346); Tochter Agnes, verheiratet mit Herzog Heinrich von Jauer; zweite Ehe mit Herzog Rudolf I. (III.) von Österreich; das Kind aus dieser Ehe ist früh verstorben.
Laufbahn: R. verlor im Alter von vier Jahren ihre Mutter, nach der sie benannt war. 1296 wurde ihr Vater ermordet. R. hielt sich nun in der Heimat ihrer Stiefmutter Margarethe, wohl am Hof Albrechts III. von Brandenburg (†1300), Margarethes Vater, auf. Mit einem der beiden früh verstorbenen Söhnen des Markgrafen (vor 1299), wohl mit Otto, war sie verlobt. Der seit 1296 verwitwete böhmische König Wenzel II. heiratete R. im Juli 1300 und ließ sich zum König von Polen krönen. R. wurde erst 1303 zur Königin von Böhmen und Polen gekrönt. Bei der Krönung nahm sie den Namen Elisabeth an. Um sie von Wenzels gleichnamiger Tochter aus erster Ehe zu unterscheiden, wurde sie in Böhmen Elisabeth-Ryksa (Eliska Rejcka) genannt. Die Zeit zwischen Wenzels Krönung und ihrer eigenen verbrachte sie am Hof der verwitweten Herzogin Griffina von Krakau, der Frau Leschek des Schwarzen (Lezek Cerny) (1279-1288), der Schwester der Mutter Wenzels II., Kunigunde von Ungarn.
Am 21. Juni 1305 starb Wenzel II., eine Woche nachdem die Tochter Agnes geboren worden war. Wenzel hatte ihr als Wittum 20.000 Prager Mark und fünf Leibgedingstädte (Jaromér, Hohenmaut, Policka, Chrudim, Königsgrätz)
hinterlassen.
Mit der Ermordung Wenzels III. am 4. August 1306 eröffneten sich für die Habsburger neue Chancen, Böhmen zu
erwerben. König Albrecht konnte die Anerkennung seines Sohnes des Herzogs Rudolf, als böhmischen König durchsetzen. Durch die Heirat Rudolfs mit Wenzels II. Witwe im Oktober 1306 konnte er auch Anspruch auf die polnische Königskrone erheben. Er war der erste Habsburger der König von Böhmen geworden war, der aber auch den polnischen Königstitel führte. Doch lange dauerte seine Regentschaft nicht, denn bereits Anfang Juli 1307 starb er. Auch der zweite Ehemann hatte ihr 20.000 Mark hinterlassen. Die Habsburger konnten in der Folge ihre Herrschaft nicht durchsetzen. Die Stände wählten den Verwandten der Habsburger, Herzog Heinrich von Kärnten, der seit 1306 mit der Prsmyslidin *Agnes, Wenzels II. Schwester, verehelicht war, zum König. Auch die schwangere Königinwitwe verließ das Land und begab sich unter dem Schutz Herzog Friedrichs nach Wien. Dort blieb E. bis zur Geburt des Kindes, das alsbald starb.
E. kehrte wieder nach Böhmen zurück und ließ sich in Königsgrätz nieder. In die Politik um den böhmischen Thron konnte sie nicht mehr eingreifen. Dort hatte der seit 1310 mit der Prsmyslidin Elisabeth verheiratete Sohn König Heinrichs VII. (1308-1313), Johann von Luxemburg, den Thron bestiegen. Die reiche E.-R. blieb jedoch weiter ein wichtiger politischer Faktor, auch ob ihrer österreichischen Beziehungen, zumal sie sich mit dem Führer der antiluxemburgischen böhmischen Adeligen Heinrich von Lipa (oder Leipa) (Jindrik z Lipé) (†1329) liierte, was sie auch in den Gegensatz zu ihrer Stieftochter, der Königin Elisabeth, brachte. Johann, der mehr an der Außenpolitik interessiert war und die alten zentralistischen Tendenzen der Premysliden wieder aufleben ließ, musste zu einem Ausgleich mit dem Adel kommen (1318 Vertrag von Taus) um nicht der Krone verlustig zu gehen, was allerdings der weitestgehenden innenpolitischen und finanziellen Entmachtung gleichkam. Als die Partei um die Königin Elisabeth, repräsentiert durch die Städte, die Zisterzienser und wenige Adelige, dazu ansetzte, den König in einem Staatsstreich zu stürzen, brach der offene Kampf aus, der durch die Vermittlung des Herrn von Lipa beendet wurde. Die Königin war politisch desavouiert.
Das selbständige Agieren der E.-R. wird auch ersichtlich, dass sie ohne Wissen des königlichen Paares ihre Tochter Agnes mit dem Herzog Heinrich von Jauer (Jawór) verheiratete, um so ihren Machtbereich und den Heinrichs von Lipa zu erweitern. 1319 folgte E.-R. Heinrich von Lipa nach Mähren, der dort Landeshauptmann geworden war. Während die Königin Elisabeth in der königlichen Gunst immer mehr sank und um ihre Einkünfte gebracht wurde, und sogar 1322/23 vor dem Zorn des Königs zu ihrer Tochter nach Bayern flüchten musste, und nach ihrer Rückkehr im politischen Leben Böhmens keine Rolle mehr spielte, vielmehr ihr Leben auf das Sammeln von Reliquien und auf ein Mäzenatentum beschränkt wurde, erfreute sich E.-R. der Hochschätzung durch den König, wie dies in zahlreichen Schenkungen an sie dokumentiert ist.
Wenzel II. hatte in Königsaal bei Prag gegen Ende seines Lebens die Zisterzienserabtei Aula Regia gegründet, die
zur königlichen Grablege werden sollte und es auch wurde, bis Karl IV. (1347-1378) die Kathedrale in Prag gründete. Die Abtei wurde auch von Prsemyslidin Königin Elisabeth gefördert, jedoch hat sie sich nie für E.-R. erklärt. Dennoch knüpfte auch E.-R. bei ihrer Gründung an diese Prsemysliden-Tradition zumindest bei der Wahl des Zisterzienserordens an, als sie 1323 Aula S. Mariae, Mariasaal in Brünn ein Zisterzienserinnenkloster als Grablege für sich und ihre Familie gründete. 1325 vollzog sie auch eine Stiftung zum Seelenheil ihres zweiten Gemahls Rudolf. Seit 1328 dürfte sie das Kloster zu ihrem ständigen Aufenthaltsort gewählt haben. Das Kloster wurde von König (?) und Heinrich von Lipa sehr gefördert. Seit 1315 tritt sie bereits als Auftraggeberin von liturgischen Büchern hervor, von denen heute noch neun illuminierte Codices erhalten sind. Auf den Bordüren der meisten Handschriften ist die Auftraggeberin mit aufgesetzter Krone, im Königsmantel betend oder mit einem Buch in der Hand dargestellt. Sechs davon befinden sich heute in der Nationalbibliothek in Wien: ein zweibändiges Lektionar (Codices 1773 und 1772), ein Graduale (Codex 1774), ein Kollektar (Codex 1835), ein Chorpsalter (Codex 1813), eine Handschrift mit Martyrologium und Benediktsregel (Codex 417); drei in Brünn: ein Psalter (R 355, Universitätsbibliothek Brünn), zwei Antiphonarien (R 600, Universitätsbibliothek Brünn; Cod. Ms. 642, Staatsarchiv Brünn).
Heinrich von Leipa starb 1329 und wurde in der Klosterkirche beigesetzt. 1335 starb E.-R. und wurde in der Mitte des kleeblattförmigen Abschlusses der Kirche begraben. Die Klosterkirche besteht bis auf winzige Veränderungen des 19. Und 20. Jahrhunderts in ihrer ursprünglichen Gestalt bis heute. Der von den architektonischen Neuerungen der Zeit inspirierte Bau ist Teil der mitteleuropäischen Kunstgeschichte und steht symbolisch für die Persönlichkeit der Stifterin, deren Leben mit den Herrscherfamilien des Raumes − Polen, Böhmen, Österreich −, aufs engste verbunden war.

L.: Benesovská 1992, Crossley 1995, Diesenreiter 1935, Fingernagel 1993, Gawlas 1995, Labuda 1986, Leitsch 1988a, Zemmlicka 1995

Ingrid Roitner