Duczynska Ilona, Helene Marie, verh. Polanyi, Ps. Anna Novotny; Sachschriftstellerin und Widerstandskämpferin
Geb. Maria Enzersdorf, NÖ, 1897
Gest. Brantford, Ontario, Kanada, 1978
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Alfred Ritter v. Duczynski (†1907), USA.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1923 Heirat mit Karl Polanyi (1886-1964), Wirtschaftswissenschafter, nach der Niederlage der ungarischen Räteregierung 1919 Emigration nach Wien, 1936 GB, 1947 Professor Columbia University New York; Sohn: Kari.
Ausbildungen: Ende 1914 als Kriegsgegnerin aus dem Lyzeum ausgeschieden, Sommer 1915 Externistenmatura; ab Herbst 1915 Studium der Mathematik und Physik an der ETH Zürich, 1929-1936 Weiterführung des 1917 abgebrochenen Studiums an der TH Wien.
Laufbahn: Enge Verbindung zu polnischen und russischen Revolutionären in der Schweiz und zur Zimmerwald-Bewegung, ab 1917 in Wien, Zusammenarbeit mit Franz Koritschoner und den sich formierenden Linksradikalen in Wien; dann in Budapest, ab Herbst 1917 aktiv in der revolutionären Streikbewegung, nach den Januarstreiks 1918 verhaftet. September 1918 Verurteilung zu mehrjähriger Haft, Ende Oktober aus der Gefangenschaft befreit; November 1918 Mitgründung der KPU (Kommunistische Partei Ungarns), nach der Bildung der ungarischen Räterepublik Mitarbeit im Auswärtigen Volkskommissariat (1919); im Mai 1919 in inoffiziellem Auftrag in der Schweiz, um journalistisch im Interesse der Räterepublik zu wirken; Mitarbeit bei der sozialdemokratischen Zeitung „Volksrecht“ in Zürich; April 1920 Mitarbeit im Komintern-Apparat in Moskau, im Herbst 1920 im Auftrag der KPU in Wien, 1922 nach ideologischen Auseinandersetzungen Parteiausschluss; Beitritt zur SDAP, Redaktion „Österreichischer Volkswirt“, nach dem 15. Juli 1927 führende Vertreterin der Linksopposition, Gründung der Zeitung „Der linke Sozialdemokrat“; 1929 Parteiausschluss, Zusammenarbeit mit der „Gruppe Funke“ unter Leopold Kulcsar; nach den Februarkämpfen 1934 Beitritt zur KPÖ, Mitarbeit im „Autonomen Schutzbund“, Aufbau einer illegalen Radiogruppe, ab Herbst 1934 Redaktion „Der Sprecher“ (Zeitung der Wiener Stadtleitung des Schutzbundes); Anfang 1935 Mitglied der Wiener Stadtleitung, Mai 1935 Mitglied des fünfköpfigen Büros („Anna Novotny“); Februar 1936 Emigration nach Großbritannien, Öffentlichkeitsarbeit für die Opfer von KL-Haft in Österreich; 1937 im Zusammenhang mit den Moskauer Prozessen Parteiausschluss, ab 1940 Mitarbeit in der britischen Kriegsindustrie und angeblich Pilotin der Royal Air Force, später Associate Fellow der Royal Aeronautical Society in Farnborough; 1943-1946 Mitarbeit in der ungarischen Exilbewegung Michael Graf Karolyis; 1947 nach Einreiseverbot in die USA Niederlassung in Kanada, sozialwissenschaftliche und historisch publizistische Arbeit, lebte bis 1978 in Kanada und Wien. Kontakt zur ungarischen DissidentInnengruppe (u. a. Agnes Heller).
Qu.: DÖW, VGA, IfZ München, Tagblattarchiv (Personenmappe).
W.: „Der demokratische Bolschewik. Zur Theorie und Praxis der Gewalt“ (1975), „Theodor Körner. Auf Vorposten. Ausgewählte Schriften 1928-1938“ (1977)
L.: Buttinger 1972, Mayenburg 1978