Druskowitz Helene von, geb. Druschkovich, Helena Maria; v. Calagis, Ps. Adalbert Brunn, Erna, H. Foreign, Frl. E. v. René, H. Sakkorausch, Sacrosanct, Erna von Calagis; Philosophin, Literaturwissenschafterin, Dramatikerin und Übersetzerin
Geb. Wien-Hietzing, Wien, 2.5.1856 (1858)
Gest. Mauer-Oehling, NÖ, 31.5.1918
Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Adelige v. Biba (†1888); Vater: orientalischer Kaufmann; 2 Brüder. Nach dem Tod des Vaters (†1858) und kurz später des Stiefvaters (†1863) war es ihrer Mutter durch ein beträchtliches Erbe möglich, H. und deren Brüder eine höheren Bildung zu finanzieren.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1887 begann vermutlich ihre Liebesbeziehung zu Therese Malten, Opernsängerin an der Dresdner Staatsoper. Diese Beziehung wurde von einer Verleumdungskampagne begleitet und endete 1891.
Ausbildungen: Privatunterricht; mit 17 Jahren als Externistin Matura am Piaristengymnasium Wien; Wiener Konservatorium, 1873 Examen als Pianistin; nach der Matura mit der Mutter Übersiedlung nach Zürich, wo Frauen bereits seit 1867 zum regulären Studium zugelassen waren. Nach ihrem Studium der Philosophie, Archäologie, Germanistik, Orientalistik und modernen Sprachen wurde sie 1878 als erste Österreicherin und als zweite Frau nach Stefania Wolicka als Philosophin promoviert (Dr.phil. cum laude).
Laufbahn: 1878-1882 literaturhistorische Vorträge in zahlreichen europäischen Städten, freie Schriftstellerin, Musikkritikerin, Übersetzerin. Konnte sich jedoch auf dem Gebiet der Literaturwissenschaften nicht etablieren. Ausgedehnte Studienreisen führten sie nach Frankreich, Italien, Spanien und Nordafrika. 1881 machte sie die Bekanntschaft mit Marie von Ebner-Eschenbach und Betty Paoli, die ihr Drama „Sultan und Prinz“ wegen mangelnder Moralvorstellungen verurteilten. 1884 lernte H. D. Rainer Maria Rilke, Lou Andreas-Salomé und Friedrich Nietzsche kennen. Erst von Nietzsche begeistert, wurde sie nach dem eingehenden Studium seines Werkes und Analyse seiner Einstellung gegenüber Frauen zu seiner schärfsten Kritikerin und sprach ihm in „Moderne Versuche eines Religionsersatzes“ von 1886 jegliche philosophische Qualifikation ab.
Als Intellektuelle und Lesbierin war H. D. eine gesellschaftliche Außenseiterin. Sie setzte sich in ihren Schriften für die absolute Gleichberechtigung der Geschlechter ein, vertrat jedoch einen konsequenten Differenzfeminismus. 1886 starb ihr Bruder und 1888 ihre Mutter. Nachdem sich 1891 ihre langjährige Lebensgefährtin, die Sängerin Therese Malten, von ihr trennte, geriet sie in eine existenzielle Krise. H. D. wurde wegen Randalen in ihrer Dresdner Pension in das Dresdner Irren- und Siechhaus zwangseingeliefert. Sie wurde von den Ärzten als „wütende Männerhasserin“ bezeichnet und zunehmend als unheilbar krank, paranoid und – als Lesbierin − „von Kindheit an abnorm“ stigmatisiert. 1891 wurde sie in die Nervenklinik von Mauer-Öhling in NÖ eingewiesen und kurz darauf entmündigt, wo sie im Mai 1918 an der Ruhr verstarb.
Ausz.: 2008 Benennung eines Parks in Wien 13 (Hietzing), an der Ecke Wolkersbergenstraße/Biraghigasse.
Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).
W.: „ Dissertation über Lord Byrons „Don Juan“. 60 S. Staatsbibliothek Berlin“, „Sultan und Prinz“ (1882), „Der Präsident vom Zitherclub“ (1883/84), „Percy Bysshe Shelley. Biographie“ (1884), „Drei englische Dichterinnen“ (1885), „Moderne Versuche eines Religionsersatzes“ (1886), „Wie ist Verantwortung und Zurechnung ohne Annahme der Willensfreiheit möglich?“ (1887), „Zur neuen Lehre. Betrachtungen“ (1888), „Zur Begründung einer überreligiösen Weltanschauung“ (1889), „Die Pädagogin“ (1890), „Das Männerproletariat oder Die Fällung des Mannes als Tier und Denker“ (1900), „Ethischer Pessimismus“ (1903), „Philosophischer Rundfragebogen“ (1903)
L.: Kürschner 1879, ÖBL, Bettelheim 1920, Brümmer 1913, Buchegger 2002, Degener 1905, Eisenberg 1891, Eisenberg 1903, Hensch 1988, Keckeis/Olschak 1953/54, Kosch 1953ff., Kubes-Hofmann 1992, Kubes-Hofmann 1986, Kubes-Hofmann 1997, Kubes-Hofmann 2002, Schmid-Bortenschlager/Schnedl-Bubenicek 1982, Spreitzer 1999, Wedel 2010, Wikipedia, www.onb.ac.at/ariadne/