d’Harnoncourt Isabella; Trafikantin und Widerstandskämpferin
Geb. Triest, Freie Stadt (Trieste, Italien), 10.2.1894
Gest. Graz, Stmk., 30.10.1967
Herkunft, Verwandtschaften: I. d’H. wird am 20. Februar 1894 in Triest als Tochter des Korvettenkapitäns der österreichisch-ungarischen Marine, Graf Maximilian von Bissingen und Nippenburg und seiner Frau Gräfin Sophie Ledochowska geboren.
Ausbildungen: Ihre Schulausbildung absolviert sie in Klosterschulen in Wien und in Großbritannien.
LebenspartnerInnen, Kinder: Während des Ersten Weltkrieges heiratet sie in Graz Graf Hubert de la Fontaine und d’Harnoncourt-Unverzagt (1891–1924). Aus dieser Ehe stammen zwei Söhne, die 1918 und 1920 geboren werden.
Laufbahn: Nach dem frühen Tod ihres Mannes lebt sie zunächst von der Rente, ehe sie 1934 eine Tabaktrafik in der Grazer Innenstadt übernimmt. Sie gehört in dieser Zeit der Vereinigung katholischer Edelleute in Österreich an, einer knapp vor Beginn des Ersten Weltkrieges gegründeten Vereinigung, die aber erst in den 1920er Jahren aktiv wird. Der vorrangige Zweck der Vereinigung ist die Schaffung einer Matrikel jener Familien, die bis zum Inkrafttreten des Adelsaufhebungsgesetzes (1919) zur Führung eines Adelstitels berechtigt waren sowie die Unterstützung wirtschaftlich schwacher Mitglieder. 1938 wird die Vereinigung katholischer Edelleute in Österreich von den Nationalsozialisten verboten und aufgelöst.
Nach dem „Anschluss“ 1938 verlässt eine Bekannte, die vom Judentum zum Protestantismus konvertierte Marga Maria Simson, Graz und geht nach Veldes (Bled) in Jugoslawien. Mit ihr hält I. d’H. weiter Briefkontakt und teilt ihr auch politische Begebenheiten aus dem „angeschlossenen“ Österreich mit. Dabei verwendet sie Geheimtinte, die erst durch Erwärmung sichtbar wird. Nachdem die Deutsche Wehrmacht Jugoslawien besetzt hat, werden diese Briefe von I. d’H. in einer von Marga Maria Simson verfassten Abschrift in Veldes entdeckt, weshalb I. d’H. am 14. Mai 1941 in Graz festgenommen wird. In einem der Briefe berichtet I. d’H. voll Begeisterung über antideutsche Ausschreitungen im Anschluss an ein Fußballspiel im November 1940 in Wien zwischen der Admira und Schalke 04 u. a.: „Der Pöbel zertrümmerte das Auto von Baldur von Schirach und zerschnitt die ganzen Pneus […] und jeder, bei dem man vermutete, dass er aus dem Altreich sei, wurde aus der Tram herausgeschmissen. Desgleichen erzählten Bekannte, dass sie es selbst anhören mussten, wie Emmy Göring in der Wiener Oper ausgepfiffen wurde und mit nieder mit den Plutokraten-Rufen begrüßt wurde. In Graz sind wir leider noch nicht so weit, Zettel sollen gestreut werden. Wir wollen keinen Hitler […].“ Auch berichtet sie Marga Maria Simson von den Verbrechen an Juden im Osten, wobei sie mit den Worten schließt: „Es ist nicht eine Ehre, ein Deutscher zu sein.“
Im Zuge der weiteren Ermittlungen gegen sie werden auch Briefe an ihre an der Front stehenden Söhne entdeckt, in denen sie ihnen Nachrichten, die sie vom Londoner Sender hat, weiterleitet. Wegen „Volksverrat durch Lügenhetze und wegen Rundfunkverbrechen“ wird I. d’H. schließlich vom Volksgerichtshof in Berlin am 24. Juni 1942 zu zehn Jahren Zuchthaus verurteilt. Im Urteil heißt es, dass „diese unwahren Behauptungen […] geeignet [sind], eine schwere Gefahr für das Ansehen des deutschen Volkes und Reiches herbeizuführen. Die Gefahr ist auch tatsächlich eingetreten, denn die jüdische Emigrantin Simson hat die Falschmeldungen, die ihr von Bedeutung erschienen, sogar abgeschrieben.“
Nachdem I. d’H. bereits über 13 Monate in U-Haft in Graz und Berlin-Moabit verbracht hat, wird sie nach der Verurteilung in die bayrischen Zuchthäuser Aichach und Bernau eingeliefert. Im Mai 1945 von den Amerikanern befreit kehrt sie wieder nach Graz zurück, wo sie in der Folge wieder ihre Trafik in der Innenstadt führt. Am 30. Oktober 1967 ist I. d’H. in Graz gestorben.
Qu.: 2 J 436/41g / 5 L 059/42: Urteil des Volksgerichtshofs gegen I. d’H.; OF-Akt.
L.: Genealogisches Handbuch

Heimo Halbrainer