Damiani Christina; Seidenzeugmacherin
Geb. Wien, Datum unbekannt
Gest. Wien, 23.7.1776
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Franz Schlibs, Wirt und Hausinhaber zum Blauen Hirschen auf dem Oberen Neustift; Mutter: Maria Schlibs; Schwiegereltern: Anna Maria und Gregor Damiani, Müllermeister in Falkenstein/NÖ.
LebenspartnerInnen, Kinder: Gatte Joseph Damiani, Seidenzeugmacher, zwei Kinder namens Franz und Regina, verehelichte Weiß.
Laufbahn: Ch. D., geborene Schlibs, wuchs als Wirtstochter in Wien auf. Hier lernte sie auch ihren zukünftigen Mann Joseph Damiani kennen, der als Sohn eines niederösterreichischen Müllers nach Wien kam, um das Seidenzeugmachergewerbe zu erlernen. Die Erzeugung teurer Seidenstoffe wurde durch die merkantilistischen Ideen dieser Zeit gefördert, allerdings in Richtung industrieller Fertigung, was im Widerspruch zum alten Zunftsystem stand, und in späterer Zeit zur Verdrängung des alten Handwerks führte. Zu dieser Zeit florierte jedoch auch das bürgerliche Gewerbe, was wohl für Joseph Damiani den Anreiz darstellte, das väterliche Gewerbe nicht zu übernehmen – ein sehr außergewöhnlicher Fall, da es aufgrund der restriktiven Zunftregeln nur schwer möglich war, außerhalb eines ererbten oder erheirateten Gewerbes tätig zu werden. Ch. und Joseph gaben sich 1738 das offizielle Eheversprechen, in dem auch genau festgelegt wurde, welcher Ehepartner wie viel Kapital in die Ehe einzubringen gedenkt. Nach der Eheschließung sollten alle Gewinne und Verluste zwischen den Ehepartnern geteilt werden – ein deutliches Indiz, dass die Mithilfe der Ehefrau hoch angesehen war. Das erste Ehejahr verbringt das Paar noch in seinem Haus in Gumpendorf, das Joseph Damiani 1736 erworben hatte, danach siedelten sie sich aufgrund der besseren Lage für ihr Gewerbe endgültig in Neustift an. Diese Ehe war auch tatsächlich privat und finanziell erfolgreich. Als Joseph Damiani im Jahr 1771 verstarb, hinterließ er ein perfekt eingerichtetes Zeugmachergewerbe mit allen notwendigen Utensilien, Bargeld, Wertgegenstände wie Mobiliar, Silber und Schmuck, sowie die zwei Häuser in Neustift und Gumpendorf. Ch. D. blieben noch weitere fünf Lebensjahre, die sie als Witwe zubrachte. In dieser Zeit kümmerte sie sich allein um das Zeugmachergewerbe ihres verstorbenen Gatten und gab ihr erworbenes Wissen an ihren Sohn Franz weiter. Einige Zeit vor ihrem Tod wurde sie allerdings pflegebedürftig, weshalb sie das Gewerbe endgültig an ihren Sohn übertrug und sich in ihr Haus nach Gumpendorf zurückzog, wo sich ihre Tochter Regina um sie kümmerte. Ihren Sohn Franz betrachtete sie jedoch mit einigem Misstrauen. In ihrem Testament kommt ihm nur ein kleines Erbe des vorhandenen Vermögens zu, weil, wie sie selbst es begründete, er wegen seiner bekannten Misswirtschaft „nur alles durchbringen“ würde. Der Sohn verklagte daraufhin seine Schwester Regina, ihm sein Erbteil unterschlagen und zu Lebzeiten der Mutter bereits Wertsachen aus deren Haus entfernt zu haben, um sie seinem Zugriff zu entziehen. Der Magistrat sprach trotzdem Regina Weiß den Hauptteil des Vermögens zu und respektierte den Wunsch der Verstorbenen. Daneben folgte Ch. D. dem Beispiel vieler anderer Frauen und vermachte ihren Besitz nicht nur ihren Kindern, sondern auch der Armenkasse, dem Schulfond und der Kirche für Seelenmessen. Aufgrund der großzügigen Beträge der Spenden (100 Gulden für diverse Stiftungen) und der hohen Anzahl der Messen (100 Messen in verschiedenen Kirchen Wiens und Gumpendorf) kann man schließen, dass es ihr nicht nur um den Beweis ihrer Frömmigkeit, sondern auch um ihren Wunsch nach sozialer Bedeutung weit über den Tod hinaus zu tun war.
Qu.: WStLa: Alte Registratur. Bericht vom 27. Mai 1777. Alte Ziviljustiz. Verlassenschaftsabhandlungen vom 26. Dezember 1771 und 23. Juli 1776.
L.: Kretschmer 2000

Sigrid Kretschmer