Cadia Anna

Sozialarbeiterin und Widerstandskämpferin
Geb. Graz, Stmk., 18.12.1903
Gest. Graz, Stmk., 13.5.2001

A. C. wurde am 18.12.1903 als Tochter des Müllersgehilfen Johann Cadia und dessen Ehefrau Anna in Graz geboren. Als der Vater 1909 stirbt, muss die Mutter mit ihrem geringen Verdienst sechs Kinder ernähren. Die Kinder verbringen ihre Zeit wegen der beengten und trostlosen Wohnverhältnisse hauptsächlich auf der Straße. Der Mutter ist die Schulbildung ihrer Kinder wichtig und so besucht A. in Eggenberg fünf Klassen Volks- und drei Klassen Bürgerschule. Obwohl sie eine gute Schülerin ist, muss sie bereits in jungen Jahren helfen, die Familie zu ernähren. Deswegen bricht sie die schulische Ausbildung ab. Sie geht für zweieinhalb Jahre zu einer Bauernfamilie in Dienst und verrichtet dort in der Landwirtschaft schwere körperliche Arbeit. A. C. lernt in dieser Zeit die Armut der ländlichen Unterschichten kennen. 1917 und 1918 besucht sie gemeinsam mit ihrer Schwester die Sommerschule der sozialistischen Jugend. Ihr beruflicher Werdegang führt von Hilfsdiensten in einer Grazer Brikettfabrik über das Austragen von Zeitungen zu einer Anstellung in einer Schuhcremefabrik. Später bekommt sie eine Stelle als Hausgehilfin und Kindermädchen in einer bürgerlichen Familie. Wegen ihres Talentes mit Kindern umzugehen und durch die Vermittlung ihrer Schwester, die mittlerweile im Frauenreferat der Sozialdemokratischen Partei angestellt ist, kann A. C. die neugegründete Fürsorgerinnen- und Hebammenschule in Graz besuchen, die sie im Oktober 1925 abschließt. Im selben Jahr zieht sie nach Leoben und ist als Fürsorgerin für Donawitz und Sankt Peter/Freienstein zuständig. 1926 tritt sie der SDAP bei, der sie bis 1933 angehören soll. Sie ist außerdem Mitglied des Vereins „Freie Schule-Kinderfreunde“ sowie des Arbeiterturnvereins. Bei ihrer Tätigkeit als Fürsorgerin, die sie bis März 1934 ausübt, betreut sie etwa 10.000 Familien. Sie kümmert sich um schwangere Frauen, Säuglinge, Kranke und Jugendliche. Über ein Drittel der Bevölkerung ist arbeitslos und lebt in unvorstellbarem Elend.
1927 wird A. C.s Tochter Melada (Milla) geboren. Den Vater, einen Jugoslawen, heiratet A. C. nicht, weil sie durch eine Heirat mit einem Ausländer die österreichische Staatsbürgerschaft verloren hätte und sie überdies als verheiratete Frau aufgrund der hohen Arbeitslosigkeit nicht mehr hätte berufstätig sein dürfen.
1933 tritt A. C. der zu diesem Zeitpunkt bereits verbotenen KPÖ bei. Sie verteilt Geldspenden der „Roten Hilfe“ und bringt Schriften und Flugblätter der Partei in Umlauf. Diese Tätigkeiten waren in der Zeit des Austrofaschismus illegal und wurden mit Gefängnisstrafen geahndet. Im Februar 1934, gleich zu Beginn des austrofaschistischen Dollfußregimes, wird A. C. aus politischen Gründen aus ihrer Stelle als Fürsorgerin entlassen. Die Arbeitslosigkeit, die A. C. bereits kennt, trifft sie diesmal härter als früher, da sie für ihre siebenjährige Tochter sorgen muss. Im August 1934 nimmt sie am Antifaschistischen Kongress in Paris teil. Sie wird unter dem Verdacht der Untergrundtätigkeit im Oktober desselben Jahres verhaftet und zu einer Gefängnisstrafe von fünf Wochen verurteilt. Nach der Entlassung aus dem Gefängnis findet A. C. eine Stellung in der Arbeiterbäckerei von Leoben.
Am 20. Mai 1940 wird A. C. von der Gestapo verhaftet, am 1. März 1941 wird sie wegen Vorbereitung zum Hochverrat angeklagt. Hinter dem Wort „Hochverrat“ verbirgt sich kein anderes „Verbrechen“ als die Verbreitung von Flugschriften und das Verteilen von Geldern für Angehörige der KPÖ. Trotzdem wurden aufgrund dieser Anklagen Todesurteile verhängt und vollstreckt. Die Sorgepflicht für ihre damals 14-jährige Tochter gilt als mildernder Umstand und bewahrt A. C. vor einer hohen Strafe. Sie wird am 24. Juni 1941 zu zweieinhalb Jahren Zuchthaus und Aberkennung der Bürgerrechte verurteilt. Als diese Haftzeit beinahe vorüber ist, wird sie in das Konzentrationslager Ravensbrück deportiert. Auf dem Transport dorthin lernt sie die Zuchthäuser von Wien, Prag, Leipzig und Berlin kennen. Im Jänner 1943 erreicht sie ihren Bestimmungsort. In Ravensbrück hilft A. C. freiwillig nach der Ausübung ihrer obligaten schweren Häftlingsarbeit noch im Krankenblock und kann einige Leidensgefährtinnen vor dem Gastod retten. Am 20. April 1945 werden 10.000 Frauen aus dem Lager Ravensbrück als lebende Schutzwand für die deutschen Soldaten in Richtung Osten getrieben. Unter ihnen ist auch A. C. Sie kann gemeinsam mit einigen Gefährtinnen dem Todesmarsch entrinnen und durch einen Wald fliehen. Nach der Befreiung Österreichs wird sie 1945 von der Grazer Landesregierung ins Kulturamt berufen. Doch die Tätigkeit als Kulturbeamtin ist der sozial engagierten Frau zu theoretisch und so übernimmt sie bald die Leitung des Grazer Kinderheimes, die sie mehr als drei Jahre inne hat. Dann arbeitet sie 15 Jahre lang in der Zentralfürsorgestelle in Graz. Im Alter von 61 Jahren (1964) tritt sie in den Ruhestand. Doch ihr privates Engagement, nunmehr auf den Familien- und Freundeskreis beschränkt, erhält sie auch noch bis ins Alter von 85 Jahren aufrecht.

Werke

Literatur / Quellen

Qu.: DÖW 3073, 3483, 7748, 4379, 8886.
L.: Brauneis 1974, Kaltenegger 1989

BiografieautorIn:

Karin Nusko