Braun-Schlesinger Elly, geb. Schlesinger; Gegnerin des NS-Regimes und Antiquitätenhändlerin
Geb. Wien, 13.6.1924
Gest. Jerusalem, 5.1.2023
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Emanuel Schlesinger, Mutter: Berta Schlesinger, geb. Fürst. E. B.-Sch. ist in einem orthodox-jüdischen Milieu aufgewachsen. Staatsbürgerschaft: Ungarisch; Muttersprache: Deutsch.
Ausbildungen: Besuch der Hauptschule in Wien. Modistinnenausbildung Antwerpen.
Laufbahn: 1938 Exil über Bratislava und Wien in die Schweiz, Kindermädchen in Luzern. 4.2.1940 nach Antwerpen, wo die Eltern inzwischen Zuflucht gefunden hatten. Am 13.5.1940 mit den Eltern und Familie Arom im sog. „train fou“ unterwegs nach Frankreich, Ankunft am 18.5. abends in Montesquieu – Volvestre, Haute-Garonne, später Niederlassung in Castelsarrasin, Tarn-et-Garonne. Dort Rettung von Simha Arom, Befreiung zweier internierter Flüchtlinge, darunter ihr Vater Emanuel Schlesinger aus dem Interlnierungslager Septfonds. Fluchthilfe für 35 jüdische Flüchtlinge in Castelsarrasin und Castelferrus. Im August 1942 mit ihrem Vater Vorsprache bei Mgr. Jules-Gérard Saliège, Erzbischof von Toulouse, um ihn als Christ aufzufordern, für die Rettung der NS-Flüchtlinge aktiv zu werden. Mgr. Saliège reagierte u. a. auf ihre Vorsprache mit einem Hirtenbrief, der an den darauffolgenden Sonntagen 23. und 30. August 1942 in den Kirchen seines Bistums von der Kanzel verlesen wurde. Die Familie Schlesinger erlebte eine dieser Verlesungen in der Kirche, obwohl es ihnen als orthodoxe Juden nicht erlaubt war, einen katholischen Gottesdienst zu besuchen. „Salièges Hirtenbrief fand ein Echo, das weit über den Südwesten Frankreichs hinausreichte“ (Friedländer, S. 449). Zahlreiche Pfarrer und Gläubige wurden zu Fluchthelfern. Kurz darauf abenteuerliche Flucht in die Schweiz mit Hilfe des Pfarrers von Annemasse, Ankunft 4.9.1942. Internierung in der Schweiz. Dort lernte E. B.-Sch. Isaak/Yitzhak Braun (1917 Klausenburg-2006 Jerusalem), Sohn des Oberkantors der Wiener „Schiffschul“ (Adas Yisroel) und Bruder des Oberkantors im Wiener Elisabethtempel in der Neudeggergasse, der 1940-45 im Schweizer Exil als Manager, Kantor und Schächter der jüdischen Lungenheilstatt in Davos tätig war, kennen. Sie heirateten 1944 und zogen nach Kriegsende in die USA, wo Isaac Braun als Kantor tätig war. E. B.-Sch. eröffnete nach der Pensionierung ihres Gatten ein kleines Antiquitätengeschäft. 1979 übersiedelte das Ehepaar nach Jerusalem, wo E. B.-Sch. heute als Witwe lebt.
Qu.: Forschungsdatenbank BioExil Primavera Driessen Gruber, sowie „oral history“-Interviews Primavera Driessen Gruber mit Elly Braun-Schlesinger 8.5.2008. E. B.-Sch.s Geschichte findet sich auch in der „oral history“-Sammlung Steven Spielbergs und – möglicherweise ohne Namensnennung − in Yad Vashem.
L.: Friedländer 2006, Lassaigne 2008, www.google.com/culturalinstitute/asset-viewer/testimony-of-braun-schlesinger-elly-born-in-wien-austria-1924/JgFgyjvctCjSyw?hl=en&l.expanded-id=RAFcvPqN1kU5kQ
Primavera Driessen Gruber