Bondy-Horowitz Emilie, verh. Bondy; Anthropologin
Geb. Wien, 30.10.1897
Gest. 1960

Herkunft, Verwandtschaften: Ihr Vater war Advokat.
LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Dr.med. Ludwig Bondy.
Ausbildungen: WS 1915/1916 Inskription an der philosophischen Fakultät der Universität Wien, zunächst Studium der Kunstgeschichte und Geschichte, im weiteren Studium der Anthropologie bei Rudolf Pöch (1879-1921), der E. B.-H. das gesamte anthropologische Material aus seiner Neuguinea-Expedition (1904-1906) übergab, welches sie im Rahmen ihrer Dissertation verarbeitete. 1925 Promotion mit der Dissertation „Die R. Pöch‘sche Sammlung von Schädeln aus Deutsch-Neu-Guinea“.
Laufbahn: In der Folge erhielt E. B.-H. von der Wiener Anthropologischen Gesellschaft den Auftrag, ihre Dissertation in erweiterter Form für die anthropologische Serie (Serie A) des „Pöch‘schen Nachlasses” zu bearbeiten. Dieser Band erschien 1930 unter dem Titel „Beiträge zur Anthropologie von Nordost-Neu-Guinea” und hatte – wie bereits die Dissertation − die Analyse der „Rassetypen” Neuguineas zum Inhalt. Dabei hat es den Anschein, dass man E. B.-H. als Jüdin nur deswegen am Prestigeprojekt „Pöchs Nachlass” beteiligte, weil ihr dieser seine anthropologischen Materialien aus Neuguinea testamentarisch vermacht hatte. An eine berufliche Karriere als Anthropologin war dennoch nicht zu denken. E. B.-H. unterhielt allerdings auch nach 1930 zumindest sporadische Kontakte mit ihren StudienkollegInnen. Sie scheint 1933 unter den SpenderInnen eines Denkmals für R. Pöch an der Universität Wien auf; 1938 widmete sie dem Anthropologischen Institut zu dessen 25-jährigem Bestehen eine kleinere anthropologische Arbeit. 1939 gelang E. B.-H. die Flucht nach Großbritannien, wo sie kurz im Dorf Holcombe bei Bath Zuflucht fand, bevor sie im Jänner 1940 ihrem Ehemann über London nach Indien folgen konnte. Dr. Emil Bondy war 1939 die Flucht nach Indien geglückt; zuerst praktizierte er in Lucknow (1939), später war im Dienst des Maharadscha von Patiala bevor er als commissioned physician im RAMS (Royal Army Medical Service) der Briten Aufnahme fand. 1948 ließ sich das Ehepaar in Harringay, im Norden Londons, nieder. Wissenschaftliche Auseinandersetzungen und eine berufliche Karriere scheinen für E. B.-H. auch in den Wirren des Exils nicht mehr möglich gewesen zu sein, wobei insbesondere eine patriachal-hierarchisch geprägte Gesellschaft in Indien sowie eine patriachal-hierarchische britische Kolonialherrschaft kaum Platz für Frauen in der Wissenschaft ließen.
Mitglsch.: 1918-34 Mitglied der Wiener Anthropologischen Gesellschaft.
Biografische Hinweise, Mitteilungen: Dr. Margit Franz, Institut für Zeitgeschichte, Universität Graz; Susanne Kiel, M.A.: Projekt „Der Umgang mit Übersiedlungsgut jüdischer Emigranten in Bremen ab 1939“, https://www.dsm.museum/

Qu.: UA Wien. British Library, IOR/L/PJ/7/2823, The Medical Directory 1967, Part I, A-L, London, p. 216, & The Medical Directory 1950, Part I, London, p. 34, Bundesdenkmalamt-Archiv, Ausfuhr, Zl. 1038/39 (10.2.1939), Bundesdenkmalamt-Archiv, Ausfuhr, Zl. 2627/39 (25.3.1939):
W.: „Die R. Pöch‘sche Sammlung von Schädeln aus Deutsch-Neu-Guinea. Phil. Diss. Wien“ (1924), „Beiträge zur Anthropologie Nordost-Neu-Guineas“ (1930), „Der Aufbau der lateralen Orbitalwand“ (1938)
L.: Dissertationsverzeichnis, Franz 2007, Franz 2010, Fuchs 1996, Fuchs 2002