Bohatta-Morpurgo Ida, Ida Karoline, verh. Morpurgo; Illustratorin und Schriftstellerin
Geb. Wien, 15.4.1900
Gest. Wien, 1.11.1992
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Hanns Bohatta (1864-1947), Altphilologe und ab 1890 an der Wiener Universitätsbibliothek tätig, ab 1914 Hofrat und Oberbibliothekar. Er gab mehrere noch heute verwendete Nachschlagewerke heraus. Mutter: Adelheid Anna Bohatta (geb. Kripperl); Schwester: Bertl. Ursprünglich hieß die Familie Bohata. Durch ihren Vater war I. B. mit dem deutschsprachigen Bildungsbürgertum verbunden. Außerdem hatte sie starke Beziehungen zur katholischen Kirche.
LebenspartnerInnen, Kinder: Heiratete 1926 den Bankangestellten Walter von Morpurgo, blieb kinderlos.
Ausbildungen: Schon als Kind wird die künstlerische Begabung erkannt und gefördert. I. B.-M. legte 1916 die Matura ab, besuchte die Kunstgewerbeschule am Stubenring und war ab ihrem 12. Lebensjahr Schülerin der Meisterklasse Franz Cizek. Die Elemente des Wiener Sezessionsstils übernahm sie später in ihre eigenen Arbeiten. Nach der Reifeprüfung blieb sie noch drei Jahre bei Cizek und studierte Kunsttheorie und -praxis.
Laufbahn: Ihr erstes Märchenbuch zeichnet sie für Otto von Habsburg, den sie durch ihren Vater kennengelernt hatte. Mehrere Illustrationsaufträge folgen. Liane Müller entdeckte sie als Künstlerin und war ihre Verlegerin als sie 1919 begann, Bilderbücher zu schreiben und zu illustrieren. Um immer wieder darauf zurückgreifen zu können, legte sie sich eine Systematik an Pflanzen- und Tierformen an, die sie in ihren Büchern immer wieder verwendete. Auch Ernst Kreidolfs Blumenbücher, die sie 1922 kennenlernte, beeinflussten ihre Arbeit wesentlich. Nachdem sie 1927 vom Wiener Deutschen Verlag für Jugend & Volk zum Münchner Verlag Josef Müller gewechselt war, änderte sich auch ihr Zeichenstil. Statt Jugendstilelemente verwendete sie meist nur noch naive Zeichnungen. Durch die schlechte finanzielle Situation in den 1920er Jahren gelang es ihr nur selten Illustrationsaufträge zu bekommen. Ihren Lebensunterhalt sicherte sie sich in dieser Zeit mit dem Entwerfen und Anfertigen von Puppen mit asiatischen und afrikanischen Gesichtszügen. Ab 1927 zeichnete sie Fleißbildserien für den Verlag Josef Müller. Zu dieser Zeit entwarf sie auch Bilder religiösen Inhalts. Am 1. Juli 1938 wurde sie wegen ihrer enormen Produktion in die Reichsschrifttumskammer aufgenommen, obwohl sie als überzeugte Katholikin mit monarchistischer Gesinnung bekannt war. Ihre Bilderbücher schienen auch in einem empfehlenden Auswahlverzeichnis von 1940 auf. In einigen Bildern I. B.-M.s glaubten die Machthaber „Propaganda gegen den Rassengedanken“ zu erkennen. Sie selbst legte mehr Wert auf ihre Gedichte, als auf die dazugehörigen Zeichnungen, mit denen sie eigentlich bekannt geworden war. Ihre schriftstellerischen Versuche hatten jedoch keinen Erfolg und wurden bald schon wieder aufgegeben.
Ihre Kinderbücher wurden in 13 Sprachen übersetzt. Ihr gelang es sehr erfolgreich, alles Aktuelle zu vermeiden und zwischen Harmlosigkeit und künstlerischem Anspruch hin und her zu pendeln. Gerade in der Zeit des Nationalsozialismus versuchte B. den Kindern eine bessere Welt zum Träumen anzubieten.
Ausz.: Im Oktober 2008 wird die Verkehrsfläche in 1030 Wien, im Bereich Erdbergstraße/Kundmanngasse, nach ihr benannt.
Qu.: DB NS-Lit Graz. Ihr künstlerischer Nachlass befindet sich in der Internationalen Jugendbibliothek (IJB) in München.
W. u. a.: „Das neue Buch für das 2. und 3. Schuljahr“ (1919), „Sinnige Märlein aus dem Menschen-, Tier- und Blumenleben“ (1919), „Aus dem Leben zweier Wiener Kinder: Lesestoffe für Kinder der 2. Klasse“ (1922), „Ringa Ringa Reia: Kinderlieder und Kinderspiele“ (1924), „Umlauf-Lamatsch, Annelies: Mein erstes Geschichtenbuch. Erzählungen, Märchen und Gedichte“ (1927), „Seeman, Margarete: Die weisse Mish und andere Märchen“ (1928), „Weitzner, Margarete K.: Geschichten für kleine Leute. Erzählungen, Märchen und Gedichte“ (1929), „Schufti!“ (1938), „Tra-ri-ra!: Musikbuch für die Jugend Wien“ (1950), „Raupelinchen lernt fliegen“ (1951), „Das kluge Zwerglein“ (1961), „Die kleine Freude an Kätzchen“ (1982), „Dotzler-Isbel, Ursula: Das fröhliche Ida Bohatta Weihnachtsbuch“ (1983), „Morell, Erich: Unsere Freunde aus dem Bärenwald“ (1983), „Die kleine Freude an Blumenkindern“ (1983), „Dotzler-Isbel, Ursula: Ein Osterhase hat’s nicht leicht“ (1984)
L.: 100 Jahre Ida Bohatta 2000, Baur/Gradwohl-Schlacher/Fuchs 1998, Binder 1982, Bundeskammer 1987, Heller 2008, Bohatta-Morpurgo 1988, Internationales Institut für Jugendliteratur und Leseforschung 1999, Jugendschriftenkommission 1948, Martischnig 2003, Nauer 2001, Pernerstorfer 1988
Susanne Blumesberger