Boerner-Patzelt Dora, geb. Dorothea Sophie Boerner; Ärztin und Histologin
Geb. Prag, Böhmen (Praha, Tschechien), 26.7.1891
Gest. Graz, Stmk., 5.4.1974

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Dr. Viktor Patzelt (†1908), Primararzt am Krankenhaus in Brüx; Mutter: Erna, aus der Gelehrtenfamilie Kaulich stammend.
LebenspartnerInnen, Kinder: 1919 Heirat mit Dr. Wilhelm Börner; Tochter: Liselotte (*1922).
Ausbildungen: Privatunterricht, ab 1905 Besuch des deutschen Mädchen-Lyzeums in Prag, 1908 Reifeprüfung. 1912 Reifeprüfung am Tetschener Realgymnasium. Übersiedlung nach Graz; ab dem Sommersemester 1914 Studium der Medizin an der Universität Graz; 1919 Promotion.
Laufbahn: D. P. war bereits 1915, während ihres Studiums, am Histologischen Institut als Demonstratorin tätig. Kurz darauf übernahm sie die Aufgaben des erkrankten langjährigen Assistenten. 1929 war sie die erste Frau, die an der Medizinischen Fakultät der Universität Graz eine Lehrbefugnis erlangte (für Histologie und Embryologie). Obwohl sie nach ihrer Habilitation die Voraussetzung für die weitere Anstellung erfüllte, musste sie als Folge des Gesetzes über den Abbau verheirateter weiblicher Personen („Doppelverdienergesetz“) den Bundesdienst mit 28. Februar 1935 verlassen und wurde pensioniert. Sie setzte jedoch ihre wissenschaftliche Arbeit fort und publizierte bis zum Jahr 1942 die Ergebnisse von sechs wissenschaftlichen Untersuchungen. Sie sprang auch als Supplentin für die Hauptvorlesung ein und hielt ab dem Jahr 1940 ein „Repetitorium für Rigorosanten“. Schon von Februar bis Juli 1939 und nach Ausbruch des Zweiten Weltkrieges übernahm sie wieder Assistentendienste für eingerückte Assistenten. Mit 10. Oktober 1939 wurde sie als Dozentin mit Diäten angestellt. 1943 wurde sie zur außerplanmäßigen Professorin ernannt. Im April 1945 übernahm D. B.-P. als Supplentin die Leitung des Histologischen Instituts, die sie im April 1947 an die aus dem Exil zurückgekehrte Clara Zawisch-Ossenitz übergab. Zawisch-Ossenitz beantragte im selben Jahr die Weiterbestellung B.-P.s als Assistentin und führte als Begründung an, dass sie unentbehrlich für das Fach sei, welches in Österreich zu diesem Zeitpunkt nur von insgesamt drei Personen repräsentiert wurde. B.-P. war als „minderbelastet“ eingestuft; ab 1. Mai 1939 hatte sie als Mitglied der NSDAP angehört. Sie sei − so wurde 1947 argumentiert − durch Drohungen zum Eintritt in die NSDAP gezwungen worden und habe sich niemals in der Partei betätigt. Sie wurde in der Folge wiederum als habilitierte Assistentin am Institut angestellt, erhielt am 8. Juli 1949 den Titel einer außerordentlichen Professorin verliehen und supplierte im Wintersemester 1949/50 das Fach erneut, als die außerordentliche Professorin Zawisch-Ossenitz eine Studienreise in die Vereinigten Staaten unternahm. Schon ab 1946 las sie in jedem Sommersemester über Embryologie und hielt auch regelmäßig ein „Repetitorium für Rigorosanten“, in dem die Studierenden für die Ablegung der Prüfung aus Histologie und Embryologie vorbereitet wurden. Mit Ende des Jahres 1956 trat B.-P. in den dauernden Ruhestand.

L.: Kernbauer 2002