Bönsch Malwine, geb. Steiner; Politische Aktivistin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 13.10.1909
Gest. Wien, 1.5.1990

Herkunft, Verwandtschaften: Die Mutter ist Lehrerin, der Vater Kaufmann. Das Elternhaus von M. St. ist dem assimilierten Judentum zuzuordnen, obwohl der Vater als frommer Jude gilt. 1914 übersiedelt die Familie Steiner von Wien in das burgenländische Donnerskirchen. Als Jüdin in einem katholischen Dorf wird M. St. erstmals mit dem Antisemitismus konfrontiert. Als frommer Jude verbietet der Vater ihr die Teilnahme an der obligatorischen katholischen Sonntagsmesse, an der M. in kindlicher Naivität, gemeinsam mit ihren Schulkameradinnen teilnehmen will. Doch nicht nur die einzige jüdische Familie im Dorf sieht sich Vorurteilen gegenüber, auch die größere Volksgruppe der in Donnerskirchen ansässigen „Zigeuner“, mit denen sich M. St. anfreundet, sind aus der Dorfgemeinschaft der anderen weitgehend ausgeschlossen.

LebenspartnerInnen, Kinder: Verheiratet mit Franz Bönsch, eine Tochter (*1945).

Ausbildungen: 1919 übersiedelt M. nach Wien, während ihre Eltern vorerst in Donnerskirchen bleiben. Sie wohnt in einem jüdischen Stiftungsheim und besucht in der Hollandstraße eines der wenigen Mädchengymnasien, die es zu dieser Zeit in Wien gibt. 1923 kehrt die 14jährige nach Donnerskirchen zurück und pendelt von dort in die Schule nach Eisenstadt. Dort freundet sie sich mit der Tochter eines Rabbiners an und lernt durch diese das Ghetto kennen. Durch diese Freundschaft wächst M.s Interesse am Judentum und ihre Zugehörigkeit zu dieser Religionsgemeinschaft wird dem jungen Mädchen deutlicher als bisher bewusst. Mit diesem Wissen werden ihr nun die Feindseligkeiten zwischen Juden und Katholiken, die sie bisher einerseits aus Andeutungen ihres Vaters, der ihr die Teilnahme am katholischen Religionsunterricht, an den sonntäglichen Kirchenbesuchen und den Karfreitagsprozessionen verboten hatte, andererseits durch Andeutungen einiger Klassenkameradinnen nur undeutlich wahrgenommen hatte, zunehmend klarer. 1925 übersiedelt die Familie Steiner nach Wien. M. besucht jetzt das Gymnasium in Währing und freundet sich dort mit einer Gruppe sozialistischer Mitschülerinnen und Mitschüler an. Während der Ausschreitungen des Jahres 1927 werden sie und ihr Schulkollege Franz Bönsch, der später ihr Ehemann werden sollte, zu Augenzeugen des Justizpalastbrandes.
Laufbahn: Noch im selben Jahr bekommt sie eine Anstellung im Zsolnay-Verlag, drei Monate später übersiedelt sie nach Berlin. Diese Übersiedlung bedeutet eine Trennung von Franz Bönsch, der ihr erst 1929 nach einem mehrwöchigen Fußmarsch durch die Tschechoslowakei, nach Berlin folgen kann. Franz und M. Bönsch leben in bitterer Armut in einem winzigen Zimmer im Berlin der Wirtschaftskrise. Dennoch ist es für die zwanzigjährige M. eine aufregende Zeit. Sie nimmt an zahlreichen politischen Diskussionen teil und lernt die deutsche Kommunistin Clara Zetkin kennen. Zu dieser Zeit tritt M. B. in die Kommunistische Partei ein. Sie arbeitet bei dem Gründer der internationalen Arbeiterhilfe, Willi Münzenberg, als Sekretärin. Münzenberg organisiert auch den größten antifaschistischen Propagandaapparat in Deutschland. Als M. B. von einer Friedenskonferenz, an der sie gemeinsam mit Willi Münzenberg teilgenommen hat, nach Berlin zurückkehrt, wird sie verhaftet und ausgewiesen. Sie bleibt jedoch illegal in Berlin bis es ihr im zunehmend nationalsozialistischen, gewalttätigen Deutschland zu gefährlich wird. Sie kehrt gemeinsam mit Franz Bönsch nach Wien zurück. Im Mai 1933 wird hier die Kommunistische Partei verboten; für ihre aktiven Mitglieder beginnt eine Zeit der Konspiration und der Illegalität. Kurz nach Niederschlagung des Februaraufstandes 1934 tritt die Partei an Franz und M. Bönsch heran. Sie sollten Schutzbündlern, die sich aktiv an den Februarkämpfen beteiligt hatten und deren Leben und Freiheit nun in dem von Engelbert Dollfuß errichteten austrofaschistischen Ständestaat äußerst gefährdet waren, dabei helfen sich über die tschechoslowakische Grenze in Sicherheit zu bringen. Nach einigen Schwierigkeiten gelingt die Fluchthilfe für vierzehn Bürgerkriegsteilnehmer über die March. 1935 wird M. B. beim Betreten einer „illegalen Wohnung“ verhaftet. Laut Polizeiprotokoll ist diese Wohnung das Zentral-, Agitations- und Propagandabüro der Kommunistischen Partei für ganz Österreich. M. B. wird die Mitwirkung bei der „Herstellung und dem Vertrieb illegaler Druckwerke“ nachgewiesen. Sie wird mit anderen Genossinnen und Genossen, darunter auch Franz Bönsch, wegen Hochverrates verurteilt. Das Strafmaß für M. B. beträgt fünf Jahre Haft. Nach fünfzehn Monaten Gefängnisaufenthalt kommt sie jedoch bei der Juli-Amnestie 1937 frei. Da sowohl Franz als auch M. Bönsch nun polizeibekannt sind, wird die politische Tätigkeit für sie zu gefährlich. So flüchten sie noch vor vielen anderen österreichischen politischen AktivistInnen nach England. Ihr Exil soll elf Jahre lang dauern. Nach zweijährigem Aufenthalt auf dem Land übersiedeln Franz und M. Bönsch 1939 nach London. Hier beginnen beide im Rahmen des Austrian Centers, der bedeutendsten österreichischen Emigrantenorganisation in Großbritannien, zu arbeiten. M. B. betätigt sich im 1941 gegründeten Koordinationskomitee österreichischer Frauen als Sekretärin und hat in der Landesleitung der KPÖ in England das Frauenressort über. Franz Bönsch gründet gemeinsam mit Fritz Schlechter und Franz Schulz das österreichische Exiltheater „Laterndl“. Er schreibt neben Albert Fuchs, Erich Fried und Eva Priester Stücke für das Exiltheater, das sich der Pflege der österreichischen dramaturgischen Literatur mit antifaschistischer Ausrichtung widmet. 1945 wird die Tochter von Franz und M. Bönsch geboren. Gemeinsam kehrt die Familie 1947 nach Wien zurück. In der Zweiten Republik, die sich für sie so wie für zahlreiche andere Remigranten enttäuschend entwickelt hat, setzen sie ihre politische Tätigkeit nicht fort.

Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe), DÖW 6006, 6885.
L.: Dokumentationsarchiv 1992, Göllner 1990

Karin Nusko