Blau Marietta; Physikerin
Geb. Wien, 29.4.1894
Gest. Wien, 27.1.1970

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Dr. Markus (Mayer) Blau (†1919), Rechtsanwalt und Herausgeber von Musikwerken; Mutter: Florentine geb. Goldenzweig (†1944). Die Familie gehörte dem gehobenen jüdischen Mittelstand an; zwei Brüder: Otto und Ludwig.

Ausbildungen: 1900-1905 Absolvierung der fünfklassigen Übungsschule der k. k. Lehrerbildungsanstalt in Wien; Studium der Physik und Mathematik, unter anderem bei den Professoren Erich Lecher, Stefan Meyer, Felix Ehrenhaft, Gustav von Escherich, Gustav Kohn und Philipp Furtwängler; 1919 Promotion zur Dr.phil. in Physik an der Universität Wien, Dissertation „Über die Absorption divergenter Gamma-Strahlen“.

Laufbahn: 1919-1920 freie Mitarbeiterin am Wiener Institut für Radiumforschung, Tätigkeit am Zentralröntgeninstitut in Wien, 1921 bei der Röntgenröhrenfabrik Fürstenau in Berlin angestellt, 1922-1923 Assistentin am Institut für physikalische Grundlagen der Medizin in Frankfurt am Main. Sie gab, als ihre Mutter erkrankte, diese Stelle auf und war 1923-1938 unbezahlte freie Mitarbeiterin am Institut für Radiumforschung in Wien und dadurch auf die finanzielle Unterstützung ihrer Familie angewiesen. 1932/1933 Stipendium des Verbandes der Akademikerinnen Österreichs für Studienaufenthalte in Göttingen und Paris, 1937 Entdeckung der Zertrümmerungssterne; 1939 Ruf an die Technische Universität Mexiko als Professorin an der ESIME (Escuela Superior de Ingeniería Mecánica y Eléctric), Mitglied der 1941 gegründeten Exilorganisation ARAM (Acción Republicana Austriaca de México).1944 ging sie nach New York, wo auch bereits ihr Bruder Ludwig lebte. 1948 Research Scientist an der Columbia University, 1950 Brookhaven Laboratories (Atom Energy Comission), 1955 Associate Professor University Miami, 1960 Rückkehr an das Radiuminstitut in Wien. Verfasste bedeutende Arbeiten über Kernphysik und Nuklearforschung. Sie starb wie viele ihrer Berufskolleginnen und -kollegen an Krebs.
Ausz.: 1937 Liebenpreis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gemeinsam mit ihrer Schülerin Hertha Wambacher; 1962 Schrödingerpreis der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; 1967 Preis der Stadt Wien für Naturwissenschaften. Von Erwin Schrödinger zweimal zum Nobelpreis vorgeschlagen.

Qu.: Tagblattarchiv (Personenmappe).
W. u. a.: „Über die Zerfallskonstante von RaA. In: MIR 161, S.-Ber. ÖAW (IIa) 133“ (1924), „Über die photographische Wirkung natürlicher H-Strahlen aus Paraffin. In: MIR 179, S.-Ber. ÖAW (IIa) 134“ (1925), „Die photographische Wirkung von H-Strahlen aus Paraffin und Aluminium. In: Z. f. Phys. 34“ (1925), „Über die photographische Intensitätsmessung von Poloniumpräparaten. In: MIR 220, S.-Ber. ÖAW (IIa) 137“ (1928), „Eine neue Fremdabsorption in Alkalihalogenidkristallen. In: Göttinger Sitzungsberichte 51“ (1933), „La méthode photographique et les problèmes de désintégration artificielle des atomes. In: Journ. d. Phys. et Rad.5 Nr 2“ (1934), „The existence of an alpha-radiation whose origin has been hitherto unknown. In: Ingeneria 14“ (1940), „Helium, its origin and localization. In: Ciencia Mexico 1“ (1940), „Investigation of the radioactivity of rocks and thermal springs in Mexico. In: Yearb. Amer. philos. Soc.“ (1943), „Bericht über radioaktive Messungen an Gesteinen und ölhaltigen Sedimenten in Mexiko. In: Ciencia Mexico 4“ (1944), „Messung kleiner Ionisationsströme. In: Rev. Mexicana de Electricidad“ (1944)
L.: Bischof 1998, Bischof 1999, Bischof 2002, Galison 1997, Halpern 1993, Halpern 1997, ÖNB 2002; Reiter 1988, Rosner 2003