Binder Anna, geb. Liska; Hilfsarbeiterin und Widerstandskämpferin
Geb. Wien, 28.4.1900
Gest. Wien, 1980

A. B. wird am 28. April 1900 als Tochter der Maria Liska (geb. Kralicek) und des Hilfsarbeiters Josef Liska in Wien geboren. Von 1927 bis 1934 war sie Mitglied der SDAP. 1940 tritt sie der KPÖ bei. Ab 1929 ist sie als Hilfsarbeiterin in der Lack- und Farbenfabrik Reichhold, Flügger und Boeckin in Wien beschäftigt. 1921 heiratet sie Josef Binder (geb. 1894). Im Februar 1940 tritt sie der KPÖ bei.
Am 25. Februar 1941 wird A. B. verhaftet und im Polizeigefängnis Rossauerlände inhaftiert, wo sie bis 22. April 1941 bleibt. Danach wird sie in das Gefängnis des Landesgerichtes überführt. Sie wird u. a. gemeinsam mit ihren Arbeitskolleginnen Wilhelmine Bier, Hildegard Rockenbauer und Hermine Reiter beschuldigt, einer kommunistischen Betriebszelle an ihrer Arbeitsstelle anzugehören. Dort waren Mitgliedsbeiträge für die KPÖ und die „Rote Hilfe“ eingehoben worden und Flugblätter verteilt worden. A. B. wird vorgeworfen, sich als Zellenkassiererin betätigt zu haben. Sie wird am 1. September 1942 gemeinsam mit 11 weiteren Personen, darunter die obengenannten Frauen, wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ vom Oberlandesgericht Wien verurteilt. Aus dem Urteil: „Der Kommunismus ist bestrebt, auf dem Wege einer gewaltsamen Revolution in allen nicht kommunistischen Staaten der Welt eine vorläufige als ‚Proletarierdiktatur´ getarnte Judenherrschaft zu errichten.“ Als strafverschärfend wurde angesehen, dass die Tat in der Kriegszeit begangen wurde. Bei A. B. kommt noch hinzu, dass sie sowohl einer organisierten illegalen Verbindung angehörte, als auch kommunistische Flugschriften verbreitet habe. Die Strafbemessung für A. B. beträgt 9 Jahre Zuchthaus und neun Jahre Ehrverlust. Sie trägt von allen Angeklagten die höchste Strafe davon. Die 18 Monate dauernde Untersuchungshaft wird ihr angerechnet. A. B. wird am 23. Oktober 1942 in das Zuchthaus Aichach deportiert.

Qu.: DÖW 9680.
L.: Brauneis 1974, Dokumentationsarchiv 1984, Schütte-Lihotzky 1994

Karin Nusko