Beurle Else; Historikerin und Politikerin
Geb. Pfäffikon/Zürich, Schweiz, 5.3.1896
Gest. ?
E. B. wird am 5. März 1896 als Elsa Brunner, Tochter eines Arztes in Pfäffikon im Kanton Zürich geboren. Die Familie von E. B. war im Brauereigewerbe tätig. Sie maturiert an der höheren Töchterschule in Zürich im Jahre 1915 und inskribiert im April desselben Jahres an der Philosophischen Fakultät der Universität Zürich. Nach Studienaufenthalten in Lausanne und München dissertiert sie im Februar 1920 mit einer Studie zur Geschichte der Reformation an der Universität Zürich. Während ihres Studiums lernt sie den Linzer Technikstudenten Georg Beurle kennen und verlobt sich 1918 mit dem Sohn des deutschnationalen Politikers und Wirtschaftsmanagers Carl Beurle. Die beiden heiraten noch bevor E. B. im Alter von 24 Jahren ihr Studium abschließt. Die Dissertation wird in Linz bereits unter dem Namen Else Beurle veröffentlicht. Weiters schreibt sie 1960 die Biografie ihres Schwiegervaters anlässlich dessen 100. Geburtstags. Carl Beurle ist mit Georg Ritter von Schönerer, einem prominenten Antisemiten und Verfechter der deutschnationalen Ideologie, bekannt und nennt seinen Sohn, seinem Vorbild zu Ehren, Georg. Wie Georg Schönerer ist auch der Student der Rechte Carl Beurle bereits Antisemit und Deutschnationaler. Seine Schwiegertochter beschreibt noch 1960 diese Haltung mit einer Art selbstverständlichem Wohlwollen. Carl Beurle ist im Linzer Gemeinderat und im Reichsrat für die Deutsche Volkspartei tätig. Obwohl in der Schweiz geboren ist E. B. in deutschnationalen Kreisen aktiv und wird zu einer zentralen Gestalt der großdeutschen Frauenorganisation in Oberösterreich. Sie war Obfrau des „Bundes deutscher Frauen Oberösterreichs“, Mitglied des großdeutschen Reichsfrauenausschusses und in dieser Funktion Mitglied der Reichsparteileitung der Großdeutschen Volkspartei (GDVP). 1925 kandidiert sie bei den oberösterreichischen Gemeinderatswahlen erfolglos für die antimarxistische Einheitsliste. 1926 referiert E. B. beim großdeutschen Reichsfrauentag über die Frage einer Wahlrechtsreform. Sie war während der gesamten Dauer ihrer politischen Tätigkeit für die GDVP auch Mitglied der Linzer Organisation „Bund für Fraueninteressen“. Dieser Verein wurde 1909 unter Mitwirkung des „Bundes österreichischer Frauenvereine“ gegründet. Diese Vereinigung nahm sich der Interessen von Hausfrauen an, betrieb eine eigene Koch- und Hauswirtschaftsschule sowie eine alkoholfreie Gaststätte. E. B. gehörte ab 1923 dem großen Ausschuss des Vereins an. Die Schaffung politischer Frauenorganisationen der GDVP gestaltet sich außerhalb Wiens schwierig. Der Tätigkeitsbereich der Organisationen geht kaum über praktische Ausbildungsangebote wie Koch- oder Nähkurse sowie karitative Veranstaltungen hinaus. Auch der im April 1926 gegründete Landesfrauenausschuss, der eigentlich eine politische Frauenorganisation sein sollte, beschränkt sich aus mangelndem politischen Interesse der großdeutschen Frauen auf Hauswirtschaftliches.
Ab 1928 gibt es gemeinsame Sprechabende des „Vereins für Fraueninteressen“ und dem „Bund deutscher Frauen Niederösterreichs“. Ein Zusammenschluss, der wahrscheinlich auf Betreiben von E. B. zustande kam. 1931 scheint der „Verein für Fraueninteressen“ bereits als Mitgliedsverein des Reichsverbandes deutscher Frauenvereine auf, ein auf Initiative großdeutscher Politikerinnen 1923 gegründeter Verband, der sich als Allianz deutsch-arischer Frauenvereine verstand. E. B. war ab 1930 nicht mehr Obfrau des „Bundes deutscher Frauen“. Anscheinend hat sie sich von ihrem politischen Umfeld, der Großdeutschen Volkspartei (GDVP), distanziert. 1933 tritt sie der NSDAP bei. Der Übertritt von der GDVP zur NSDAP hat seine Gründe wohl im Machtanspruch der NSDAP, denn die grundsätzlichen politischen Positionen der beiden Parteien sind nicht sehr unterschiedlich. E. B.s Affinität zur politischen Gewalt wird schon in ihrer Dissertation deutlich und auch in einigen Artikeln in der Monatsschrift der NS-Frauenschaft. 1933 schreibt sie enthusiastisch über die Machtergreifung der Nationalsozialisten in Deutschland. Die politische Karriere der E. B. setzt sich nach dem März 1938 nicht fort. Sie hat jedenfalls keine führende Position in der NS-Frauenschaft inne. Wie auch einige andere großdeutsche Funktionärinnen, die zur NSDAP übergetreten sind, scheint E. B., freiwillig oder unfreiwillig, ihr politisches Engagement nach dem Wechsel von der GDVP in die NSDAP eingeschränkt zu haben. Ihr Name kommt noch einmal in die Öffentlichkeit, als 1960 die Biografie ihres Schwiegervaters anlässlich von dessen 100. Geburtstages in Linz erscheint.
W.: „Der politische Kampf um die religiöse Einheit der Eidgenossenschaft 1520-27. Ein Beitrag zu Zwinglis Staatspolitik. Inaugural-Dissertation zur Erlangung der Doktorwürde der philosophischen Fakultät der Universität Zürich“ (1920), „Der Nationalsozialismus und die Frauen. In: Die Deutsche Frau. Monatszeitschrift der NS-Frauenschaft Österreich“ (1933), „Dr. Carl Beurle, 1860-1919. Ein Lebensbild gewidmet zum 100. Geburtstag am 24. April 1960 von seiner Familie“ (1960)
L.: Gehmacher 1998, Rausch/Bart/Puffer 1968
Karin Nusko