Benedikt Rosemarie; Keramik- und Glaskünstlerin
Geb. Baden bei Wien, 19.2.1939
Rosemarie Benedikt wurde am 19. Februar 1939 in Baden bei Wien geboren. Sie absolvierte zunächst im Fach Textilentwurf die Modeschule der Stadt Wien. Danach wurde sie als Designerin für Dekorentwicklung an die Porzellanmanufaktur Rörstrand in Lidköping/Schweden für fünf Jahre engagiert, wo sie ihr Interesse an Keramik und Porzellan entdeckte, die erforderlichen Techniken studierte und bereits in Objekten realisierte.
1964 wurde sie wegen ihres hervorragenden technischen Fachwissens und ihrer künstlerischen Qualifikation an der damaligen Akademie (heute Universität) für angewandte Kunst in Wien/ Meisterklasse für Produktgestaltung Schwerpunkt Keramik (Leitung Prof. Heinz Leinfellner) – zunächst im Rahmen eines Lehrauftrages – verpflichtet, wofür sie sich an der „Angewandten“ durch Erlangung des Diploms aus Keramik (Mag. art) auch akademisch qualifizierte.
1975 erfolgte die Ernennung Rosemarie Benedikts zur Assistenzprofessorin, in welcher Eigenschaft sie stets Garant für die künstlerische Kontinuität des Meisterklassenunterrichts bei Nachbesetzung der Meisterklassenleitung (auf Heinz Leinfellner folgten die Professoren Wander Bertoni, Maria Bilger, Matteo Thun, Enzo Mari) werden sollte.
Es nimmt nicht Wunder, dass Rosemarie Benedikt neben Ihrer Lehr- und Ausstellungstätigkeit ab 1993 drei Jahrzehnte als Designerin bei Villeroy & Boch / Deutschland tätig war und den Ruf Österreichs auch im Sektor Porzellanprodukte für den Geschenkbereich höchster Ansprüche international souverän vertrat.
Ende des Studienjahres 1999 / 2000 trat Rosemarie Benedikt als Professorin der Universität für angewandte Kunst in den Ruhestand.
Auch danach blieb Benedikt bis heute künstlerisch höchst aktiv. Außerordentliche Erfolge spiegeln ihre unerschöpfliche Kreativität u. a. in ihrer intensiven, internationalen Ausstellungstätigkeit – sei es in Einzelausstellungen oder bei Beteiligung von namhaften Gruppenausstellungen in Österreich, Japan, Frankreich, Deutschland, Italien…
Zahlreiche Studien- und Arbeitsaufenthalte – etwa in Taiwan, USA, Italien, Mexiko, Japan bis heute – widerspiegeln ihr Interesse und ihre Suche nach stets neuen Inspirationen, Techniken und ästhetischen Möglichkeiten für einmalig neue Kreationen am Puls der Zeit, die ihre künstlerische Formensprache prägen.
Stets unerschöpflich schien und scheint bis heute der künstlerische Einfallsreichtum Rosemarie Benedikts in ihrem Oeuvre. Kontinuierlich erweiterte sie ihre spielerische Formenwelt nicht nur im Bereich Keramik und Porzellan, sondern sie erschloss sich vor Jahren auch den Sektor Glas. Seit 2006 hält sie sich zur Fertigung ihrer Glas-Kreationen immer wieder auf Murano auf, wo sie in der führenden Glasmanufaktur Berengo Fine Arts an ihren Glaswelten arbeitet.
Abgesehen von edelster Gefäßkeramik erdachte und erdenkt sie immer neue Tierwelten, eine einzigartige Fauna der Fantasie voll Poesie, Charme, Witz und Ironie. Dabei ist ihre „Handschrift“ thematisch wie technisch absolut unverwechselbar.
Sind es Äsop und La Fontaine, die in ihren Fabeln den Tieren eine „menschliche Seele“ einhauchen und uns mit ihren Gleichnissen den Spiegel menschlicher Stärken und Schwächen, Sehnsüchte und Ängste, Freuden und Trauer in gedanklicher und sprachlich-ironischer Brillanz vorhalten, so könnte man beim Eintauchen in Rosemarie Benedikts Fabelwelt in Keramik und Glas voreilig meinen, dass es sich bei ihren Geschöpfen um vergleichbare Spiegelungen, erschaffen mit ihrem raffinierten, plastisch-farblichen Vokabular, handelt. Doch Rosemarie Benedikt greift intenziös bei Ihren Tierdarstellungen zeitlich noch weiter zurück in die Antike: Ausgehend von dem lateinischen Wort „animal“ (Geschöpf, beseeltes Wesen, Tier – abgeleitet von „anima“!), sind ihre Tiere TIERE und haben eine sehr ausgeprägte, eigene Seele, die Rosemarie Benedikt uns in ihren Plastiken – man könnte sagen VOR dem auch für die Tierwelt fatalen Sündenfall und der Vertreibung aus dem Paradies – vor Augen führt.
Mit ihrem Schritt in die Generation gläserner fantastischer Tierwelten erschloss Rosemarie Benedikt nicht nur materialbezogen Neuland: Abgesehen von der völlig andersartigen Be-und Verarbeitung des Materials Glas, das andere Entwurfsschritte für die Realisierung derartiger Plastiken erfordert, und von der Planung der Abwicklung neuer Arbeits- und Produktionsprozesse, galt es eine weitere Dimension der Tierdarstellung zu erobern. Musste sich bei untransparenten Materialien die künstlerische Aussage auf Morphologie und Oberfläche konzentrieren – ja beschränken – so bietet der Werkstoff Glas auch Gelegenheit zur Gestaltung der Tiefenplastizität. Nun können die Tierschöpfungen in Glas vor unseren Augen nichts mehr verbergen, bieten Ansichten und Einsichten in mehrfacher Hinsicht des Wortes.
Eine große Anzahl ihrer Werke in Keramik/Porzellan und Glas befindet sich in Museen und Privatsammlungen in Österreich, Deutschland, Spanien, England, Frankreich, Monaco, Schweiz, Russland, Amerika, Neuseeland. So wurde z. B. vor kürzerem vom MUDAC – Musée de design et d’arts appliqués contemporains in Lausanne / Schweiz eine große Glas-Stele als Ausstellungsobjekt erworben.
Nicht nur in unzähligen Katalogen wird ihrem Schaffen Rechnung getragen, sondern auch mehrere Bücher sind dem Werk Rosemarie Benedikts gewidmet: Namhafte Kunsthistoriker und Kritiker der Kunstszene haben sich mit dem Werk der Künstlerin Rosemarie Benedikt in Publikationen auseinandergesetzt – so Katharina Burger, Rainald Franz, Patricia Kempadoo, Kathrin Macht, Erika Patka, Ina Tempfer, Gerhard Weiss, Sophie Zetter-Schwaiger.
2017 wurde sie für ihr Schaffen vom Bundespräsidenten durch die Verleihung des Goldenen Ehrenzeichens für Verdienste um die Republik Österreich ausgezeichnet.
PUBLIKATIONEN (Auswahl)
Keramik erzählt. – Universität für angewandte Kunst:Wien 1999
Tierwelten in Glas, Porzellan und Bild. – Kulturhaus Bürgerspital: Kilb 2012
Amazing World. – Galerie Kovacek & Zetter: Wien 2013
Lady Mystery & the Others. – Studio Berengo: Murano/Venedig 2015
Contemporary – März-Ausstellung. – Galerie Kovacek & Zetter: Wien 2017, Abb. 41 – 45
Happy Glass. – edition: Angewandte – Walter De Gruyter G.m.b.H.: Berlin/Boston 2019
Autor der Biografie: Heinz P. Adamek