Baum, Vicki; eig. Hedwig Baum; Ps. Frau Lorl; verh. Prels, verh. Lert; Schriftstellerin und Redakteurin
Geb. Wien, 24.1.1888
Gest. Hollywood, Los Angeles, Kalifornien, USA, 29.8.1960 (Ihre Asche wurde, ihrem Wunsch entsprechend, über den Redwoods verstreut)
Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Hermann Baum, Beamter, wurde mit 90 Jahren bei einem Pogrom in Novi Sad ermordet. Mutter: Mathilde Donath. Die Eltern waren ursprünglich Gutsbesitzer, sie übersiedelten später nach Wien. Die Mutter war ihr ganzes Leben lang kränklich und zeitweise in einem Sanatorium untergebracht. Sie starb mit 41 Jahren. Der Vater war während der Krankheit seiner Frau aus der gemeinsamen Wohnung ausgezogen und überließ die Pflege seiner Tochter.
LebenspartnerInnen, Kinder: Ab 1906 verheiratet mit Max Prels, Dr.iur., Redakteur beim Ullstein-Verlag, geschieden; heiratete 1917 Richard Lert, Dirigent an der Berliner Staatsoper. Kinder mit dem 2. Ehemann: Wolfgang (geb. 4.3.1917) und Peter (geb. 14.1.1921).
Ausbildungen: 1904-1910 Musikstudium am Konservatorium der Gesellschaft der Musikfreunde Wien, Studium der Pädagogik.
Laufbahn: Die Mutter drängte sie Harfe zu spielen und am Wiener Konservatorium Musik zu studieren. Sie wurde eine ausgezeichnete Harfenistin, trat oft auf Hochzeiten und Bar-Mizwas auf und gab Harfenunterricht. 1912 wurde sie am Darmstädter Hoftheater engagiert. Sie fühlte sich immer mehr zur Schriftstellerei hingezogen und begann schon bald kleine Geschichten zu schreiben. Ein Kollege machte sie auf einen Literaturwettbewerb aufmerksam. Daraufhin schickte sie eine über Nacht geschriebene Arbeit ein und erhielt den ersten Preis. Auf Wunsch ihres zweiten Ehemannes gab V. B. ihre Karriere als Harfenistin nach ihrer Hochzeit 1917 auf. Während des ersten Weltkrieges war sie als freiwillige Krankenschwester am Hof des Großherzogs von Hessendarmstadt tätig. Nach Ende des Krieges zog sie mit ihrem Mann nach Kiel, 1923 weiter nach Hannover, später nach Mannheim und 1926 nach Berlin. Zu dieser Zeit begann sie Romane für den Ullstein-Verlag zu schreiben, zu dem sie durch ihren ersten Mann Kontakt hatte. Durch die Inflation gezwungen mehr Geld zu verdienen, bewarb sie sich bei den Ullstein-Monatszeitschriften „Die Dame“ und „Uhu“ als Modezeichnerin und war bald auch als Redakteurin für den Ullstein-Verlag tätig. Schauplätze und Gegebenheiten recherchierte V. B. auf das Genaueste. Bis 1931 war sie Lektorin in diesem Verlag. Sie verfasste Artikel zu Lifestyle Themen in der Modezeitschrift „Die Dame“ und im kritischen Zeitgeistmagazin „Uhu“. Die „Berliner Illustrierte“ brachte Vorabdrucke ihrer Romane, außerdem veröffentlichte sie unter dem Pseudonym „Der alte Gärtner“ in der „Grünen Post“ Gartentipps. Daneben schrieb sie auch mehrere Theaterstücke für Kinder, die in Berlin aufgeführt wurden. Durch ihren großen schriftstellerischen Erfolg wurde sie auch für die Reklameindustrie interessant, so warb sie unter anderem für Armbanduhren. Mit ihrem größten Erfolg, dem Roman „Menschen im Hotel“ gelang ihr der Durchbruch. Das Buch wurde von Basil Creighton übersetzt und unter dem englischen Titel „Grand-Hotel“ ein Broadwayhit. Für die Premiere des Greta-Garbo-Films „Menschen im Hotel“ reiste sie 1931 nach New York. Sie kehrte zwar kurzzeitig nach Berlin zurück, war aber von dem amerikanischen Leben so fasziniert, dass sie kurz darauf nach Amerika zurückkehrte und von Paramount Pictures unter Vertrag genommen wurde. Auf Anregung Ernst Lubitschs verfasste sie zwei Filmtreatments für Maurice Chevalier und Marlene Dietrich, die jedoch abgelehnt wurden. Später begann sie für die Zeitschrift „Good Housekeeping“ zu schreiben. Während ihrer ersten Jahre in Hollywood fuhr V. B. fort, ihre Romane auf Deutsch zu publizieren, ab 1935 im Amsterdamer Exilverlag Querido. Ab 1941 schrieb sie nur noch auf Englisch. 1935 wurden ihre Bücher in Deutschland, wegen ihrer jüdischen Herkunft, verboten. V. B. war später bei dem Filmstudio Metro Goldwyn Meyer beschäftigt. Der Durchbruch als Drehbuchautorin gelang ihr allerdings nicht, obwohl sie auch Dokumentarfilme produzierte, unter anderem über die rituellen Tänze der Balinesen. 1938 erhielt sie die amerikanische Staatsbürgerschaft. Ab 1946 verschlechterte sich ihr Gesundheitszustand immer mehr. 1960 begann sie ihre Memoiren zu schreiben, konnte sie jedoch nicht mehr selbst vollenden. Ihre Werke erschienen in zahlreichen Übersetzungen und Auflagen. V. B. beschäftigte sich häufig mit aktuellen Problemen wie Recht auf Abtreibung, ledige Mütter, Krieg, Exil und Naziterror. Sie gehörte zu ihren Lebzeiten zu den meistgelesenen AutorInnen der Welt.
Zu ihren FreundInnen zählten SchriftstellerInnen, MusikerInnen und zahlreiche Filmschaffende, unter anderem Thomas Mann, Arnold Schönberg, Oscar Straus, Ernst Toch, Salka Viertel, Gina Kaus und viele andere.
Mitglsch.: V. B. war Mitglied des P.E.N.-Club und des Verbandes Deutscher Erzähler.
W. u. a.: „Frühe Schatten. Das Ende einer Kindheit“ (1914), „Stud. Chem. Helene Willfür“ (1928), „Menschen im Hotel“ (1929),; Liebe und Tod auf Bali“ (1937), „Es war alles ganz anders“ (1962)
L.: Bamberger 1966, Baum 2010, Bertschik 2000, Bolbecher/Kaiser 2000, Bruckmann 2001, Degener 1928, Giebisch/Guggitz 1964, Guida-Laforgia 1995, Hechtfischer/Hof/Stephan 1998, Heuer 1992, Internationales Institut für Jugendliteratur und Leseforschung 1999, King 1988, Kürschner 1973, Kutzbach 1950, Nottelmann 2007, ÖNB 2002, Schmid-Bortenschlager 1982, Spiel 1976, Teichl 1951, Wall 1995, Wedel 2010, Wininger 1925-36
Susanne Blumesberger