Barea-Kulcsar Ilse, Ilsa, geb. Pollak, verh. Kulcsar, verh. Barea; Publizistin, Übersetzerin, Parteifunktionärin und Spanienkämpferin

Geb. Wien, 20.9.1902
Gest. Wien, 1.1.1973

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Dr. Valentin Pollak (1871-1948), Gymnasial-Professor, Hofrat; Mutter: Alice, geb. v. Zieglmayer (1872-1948).

LebenspartnerInnen, Kinder: 1922 Heirat mit Leopold Kulcsar (†1938?), nach dessen Tod 1938 Heirat mit Arturo Barea (1897-1957), Schriftsteller.

Ausbildungen: Ab 1920 Studium der Rechts- und Staatswissenschaften in Wien.

Laufbahn: Ab 1918 maßgebliche Vertreterin der sozialdemokratischen Mittelschülerbewegung in Wien und führendes Mitglied des Dezember 1918 gegründeten „Zentralen Mittelschülerrates“, 1919/20 Obmann-Stellvertreterin der „Vereinigung sozialistischer Mittelschüler“ und Redakteurin des Wochenblattes „Die sozialistische Jugend“, seit 1919 Mitglied SAJ, Bildungsbeirat in einer Wiener Bezirksgruppe, Mädchenarbeit; 1920 Mitglied der SDAP, Sommer 1921 anlässlich der Auseinandersetzungen um Beitritt der SAJDÖ zu KJI nach Teilnahme am 2. Weltkongress der KJI in Berlin als SAJDÖ-Vertreterin Austritt aus der sozialdemokratischen Jugendorganisation, Austritt aus SDAP, Beitritt KJV/KPÖ, 1923-24 Wirtschaftsredaktion von „Die Rote Fahne“, 1924 während der Fraktionskämpfe innerhalb der KPÖ mit einjährigem Funktionsverbot belegt, KPÖ-Austritt, im Auftrag der Komintern nach Rumänien, Ende 1925 in Budapest verhaftet, nach viermonatiger Haft 1926 nach Wien abgeschoben, 1926 Rückkehr in die SDAP, ab 1933 Gruppe „Neu Beginnen“, Mitarbeit in der Sozialistischen Bildungszentrale, Vortragende und Referentin bei Gewerkschaft und Arbeiterkammer in ganz Österreich, Vorstandsmitglied der „Sozialistischen Arbeitsgemeinschaft für Wirtschaft und Politik“; 1933 kurzfristig Haft, nach 1934 Leitungsmitglied der Gruppe „Funke“, nach den Februarkämpfen illegale Arbeit in Wien, Redaktion der in Brünn gedruckten Zeitschrift „Der Funke“, Ende 1934 auf Grund drohender Verhaftung Flucht in die CSR, Zusammenarbeit mit ALÖS in Brünn, Redaktion und Herausgabe der „Sozialistischen Tribüne“; Oktober 1936 über Paris nach Madrid, leitende Mitarbeiterin der Zensurstelle für die Auslandspresse, Mitarbeit am republikanischen Rundfunksender; politische Verfolgung durch deutsche stalinistische Agenten; 1938 nach Heirat mit A. Barea Emigration nach Paris, Februar 1939 nach GB, Arbeit im Abhördienst der BBC, nach Kriegsende Übersetzerin (v.a. span.-engl.), Publizistin, Dolmetscherin; Mitglied Labour Party, zeitweise Gemeinderätin in ihrer Dorfgemeinde Faringdon; 1957 nach Tod von A. Barea Umzug nach London, Übersetzerin, Rundfunk- und Verlagstätigkeit. 1965 Rückkehr nach Wien, Mitglied der SPÖ, Bildungsfunktionärin in Partei und Gewerkschaft, gelegentliche Mitarbeiterin von „Die Zukunft“ und „Arbeit und Wirtschaft“; Vorstandsmitglied „Vereinigung österreichischer Freiwilliger in der spanischen Republik 1936 bis 1939 und der Freunde des demokratischen Spanien“.

Ausz.: 1970 Josef-Luitpold-Stern-Preis des ÖGB, 1972 (70. Geb.) Victor-Adler-Plakette.10.November 2021 Anbringung einer Erinnerungstafel an der Wohnadresse Wien 10. Bernhardtstalgasse 38.

W.: „Die Großmächte der Finanz und Industrie“ (1930), „Gem. m. Arturo Barea: Spain in the Post-War World“ (1945), „Telefónica. Roman“ (1949; 2019 dt. und span.), „Vienna, Legend and Reality“ (1966, dt. „Wien. Legende und Wirklichkeit“ 2021); zahlreiche Übers. ins Englische u.a. von Werken von Arturo Barea, Ella Lingens-Reiner, Arthur Schnitzler, Tirso de Molina, Juan Garcia Hortelano …)

L.: BLÖF, Bolbecher/Kaiser 2000, Dokumentationsarchiv 1992a, Landauer 2003/2008, Leichter 1968, Neugebauer 1975, ÖNB 2002, Reventlow 1968, Röder/Strauss 1980-1983, Wisshaupt 1967

Die bislang ausführlichsten Lebensdarstellungen:

Georg Pichler: „Das größte Erlebnis unserer Generation.“ llsa Barea-Kulcsar und ihr Roman Telefónica. In: Ilsa Barea-Kulcsar: Telefónica. Roman. Hg. u. mit einem Nachwort von Georg Pichler sowie mit Fotos und einem Essay von Ilsa Barea-Kulcsar. Wien: Edition Atelier 2019, S. 299-342.

Georg Pichler: „… wie sie so geworden sind“. Ilsa Barea-Kulcsar und ihre Kulturgeschichte Wiens. In: Ilsa Barea: Wien. Legende & Wirklichkeit. Übers. und hg. von Julia Brandtstätter und Gernot Trausmuth, Nachwort von Georg Pichler. Wien: Edition Atelier 2021, S. 419-435, 455-458.