Agnes von Österreich
Geb: 1280
Gest: 11. Juni 1364
Herkunft, Verwandtschaften: Eltern: König Albrecht I. von Habsburg (1298-1308) und Elisabeth von Görz-Tirol († 1313).
Laufbahn: A., 1280 geboren im Aargau (Schweiz) auf einem der bevorzugten Ansitze der Familie in Brugg oder Baden, war die zweitälteste Tochter von König Albrecht und Königin Elisabeth. Nachdem diverse Heiratsprojekte ihres Vaters gescheitert waren, wurde sie 1296 mit dem letzten ungarischen König aus der Arpadenfamilie Andreas III. (1290-1301) verheiratet. Sie war dessen zweite Frau. 1301 starb Andreas III. und A. verließ Ungarn zusammen mit ihrer Stieftochter Elisabeth, die aus der Ehe Andreas’ mit Fenena von Kujawia stammte. Aufgrund ihrer enormen Mitgift anlässlich ihrer Heirat von 40 000 Mark Silber und ihres vertraglich gesicherten Wittums von 1304 war A. eine der reichsten Frauen ihrer Zeit. Nicht ganz einfach ist das Verhältnis von A. zu ihrer Stieftochter Elisabeth zu beurteilen. In der politischen Situation nach Andreas’ III. Tod war Elisabeth, die seit mit dem Erben der böhmischen Krone, dem späteren Wenzel III. (21. Juli 1305-4. August 1306), verlobt war, in den Händen von A. und ihrer Familie ein sehr wertvolles Pfand, um eine Vereinigung von Böhmen und Ungarn zu verhindern. Wenzel verlor schließlich sein Interesse an der am Habsburger Hof lebenden Elizabeth und heiratete 1305 die Tochter des Herzogs von Teschen. Es schienen auch Überlegungen hinsichtlich einer Verheiratung Elisabeths mit A.s Bruder Rudolf bestanden zu haben. Mit der Entscheidung, die Aspirationen Karl Roberts von Anjou (1308-1342) auf den ungarischen Königsthron zu forcieren, verlor auch Elisabeth an politischer Bedeutung für die Habsburger. Über ihr weiteres Verbleiben ist nichts bekannt. Die heimtückische Ermordung König Albrechts wegen erbrechtlicher Auseinandersetzungen durch seinem Neffen Johann „Parricida“ und einigen Mitverschwörern am 1. Mai 1308 in der Nähe der habsburgischen Stammburg dürfte nicht nur für die Habsburgerfamilie sondern auch für Elisabeth eine schicksalshafte Wende bedeutet haben. Im selben Jahr scheint sie im Alter von fünfzehn Jahren in den berühmten Dominikanerinnenkonvent Töss bei Winterthur in der Schweiz eingetreten zu sein, wo sie 1364 gestorben ist.
A. hatte sich ebenfalls in den Vorlanden niedergelassen. Am Ort der Bluttat an ihren Vater hatte ihre Mutter Königin Elisabeth in Übereinstimmung mit ihren Kindern ein franziskanisches Doppelkloster gegründet. In unmittelbarer Nähe des Klosters Königsfelden ließ sich A. 1317 nieder, ohne jedoch selbst Klosterfrau zu werden, und residierte dort bis zu ihrem Tod. Sie kümmerte sich um die inneren Belage des Klosters und um seine wirtschaftliche Ausstattung bis zu ihrem Lebensende, das zu einem der reichsten Klöster im Südwesten des Reiches wurde, jedoch ohne Belang für die Reichspolitik zu sein und seine Bedeutung als eine der wichtigsten Grablegen der Habsburger erlangte.
A. zeigte auch Interesse an spirituellen Belangen. Der berühmte Zisterzienser und Bischof von Eichstätt Philipp von Rathsamhausen (†1322) übersandte ihr auf ihre Bitten seine Version der „Vita sanctae Walburgis“. Meister Eckhart hat ihr sein Trostbuch gewidmet. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende lateinisch-volkssprachliche Gebetbuch, bekannt als „Gebete und Benediktionen von Muri“, war in ihren Besitz gelangt und A. besaß auch eine volkssprachliche Bibel. A. verfügte auch über einen großen Reichtum an Reliquien und Kirchengerät. 1357 ließ sie eine Liste erstellen die die Mitglieder der Habsburgerfamile dem Kloster Königsfelden geschenkt haben.
A. erwies nicht nur großes Geschick in der Verwaltung des Klosters und des ihr zugewiesenen österreichischen Besitzes (die Ämter Bözberg und Eigen sowie die Stadt Brugg), sondern bewährte sich auch politisch. In zahlreichen Streitfällen war sie als Friedensstifterin tätig. 1333 vermittelte sie einen Frieden zwischen Bern und Freiburg im Üechtland, 1339 gelang ihr die Streitbeilegung zwischen Bern und Freiburg einerseits und Bern und ihren Bruder Albrecht II. von Österreich (†1358) andererseits. 1341 stiftete sie ein Bündnis zwischen Bern und Österreich. Albrecht II. zog sie ferner zu weiteren Friedensregelungen in diversen Konflikten heran. 1337 wurde ihr der Sohn Herzog Ottos (†1339), Friedrich, zu Erziehung übergeben. A., obwohl mit keinem offiziellen Amt betraut, war die herausragende Vertreterin habsburgischer Interessen im Westen.
Das Bild, das allerdings in der Historiographie bis ins 19. Jahrhundert von ihr vorherrschte war nicht das der Friedensstifterin, sondern das eines grausamen, hartherzigen und rachsüchtigen Weibes, das ihre Brüder zum Rachefeldzug gegen ihren Vater angestiftet hat. Gespeist war diese Sichtweise, die vor allem in der habsburgerfeindlichen eidgenössischen Geschichtsschreibung des späten 15. und 16. Jahrhunderts Niederschlag gefunden hatte bis hin zu Friedrich Schillers „Wilhelm Tell“ und Conrad Ferdinand Meyers Ballade „Frau Agnes und ihre Nonnen“, basierte auf dem sogenannten Tösser Schwesternbuch, das auch ein und bei weitem das längste „Leben der Schwester Elisabeth, Tochter von König Andreas von Ungarn, Nonne des Dominikanerordens des Klosters Töss in der Provinz Germania“, beinhaltet. Hier wird ein Bild von A. als das einer bösen Stiefmutter entworfen, die ihre Stieftochter, die rechtmäßige Erbin des Königreiches Ungarn, zu einem rigorosen Klosterleben gezwungen hatte, und sie um die Schätze ihres Vaters geprellt hatte.
A. starb am 11. 6. 1364 in Königsfelden. Ihre Gebeine wurden wie die aller in Königsfelden bestatteten Mitglieder der Familie Habsburg 1770 nach Sankt Blasien überführt und dann nach Sankt Paul im Lavanttal.
Werke
Literatur / Quellen
Baldinger 1999, Boner 1953, Boner 1964, Boner 1978, Däniken Gysin 1988, Dienst/Stelzer 1988, Honemann 1995, Jäschke 1997, Lhotsky 1967, Nevismal 1951, Niederstätter 2001a, Palaia 1999, Widmoser 1953, Zuber 1989