Neue Ergebnisse der Frauenbiografieforschung
Die Projektinitiative „biografiA. biografische datenbank und lexikon österreichischer frauen“ wird seit dem 1. Juli 1998 unter der Leitung von Dr. Ilse Korotin am Wiener Institut für Wissenschaft und Kunst (IWK) durchgeführt und hat die umfassende historisch-biografische Aufarbeitung österreichischer Frauenpersönlichkeiten zum Ziel, wobei als örtlicher Bezug die jeweiligen historischen Landesgrenzen zugrunde gelegt wurden. Der Zeitrahmen spannt sich von der erstmaligen Nennung Österreichs bis zur Gegenwart.
Das Basisprojekt wurde vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung (BM.W_F) in vier Projektphasen finanziert. Zentrum des Projekts ist die lokale Datenbank (derzeit ca. 19.618 Datensätze). Laufend werden weitere Datensätze aus diversen wissenschaftlichen Publikationen und Printmedien sowie aus Kooperationen mit anderen Dokumentationsstellen erarbeitet und fließen in die Datenbank ein.
Das Projektdesign orientiert sich an einem Modulsystem: Die Ausarbeitung von Textbiografien wurde in Form von mehreren thematischen Modulen in Einzelprojekte ausgegliedert.
Bevorstehende Veranstaltungen
Vortrag
Montag, 18.3.2024, 18:30 Uhr
Institut für Wissenschaft und Kunst
Berggasse 17, 1090 Wien
Georg Pichler
Ein Leben zwischen Politik und Literatur – Ilsa Barea-Kulcsar
Ilsa Barea-Kulcsar stammte aus dem Bürgertum, setzte sich aber seit ihrer Jugend für die Arbeiterschaft und für soziale Gerechtigkeit ein, arbeitete als Journalistin, Lehrerin und politische Aktivistin, weswegen sie mehrmals ins Gefängnis musste, wurde als Stalinistin ebenso verleumdet wie als Trotzkistin, kämpfte in ihrer Heimat und in vier Exilländern gegen den Faschismus und war schließlich als angesehene Übersetzerin und kulturelle Mittlerin zwischen der spanischsprachigen und der anglophonen Welt tätig. Das bewegte Leben von Ilsa Barea-Kulcsar, 1902 als Ilse Pollak in Wien geboren und 1973 ebenda gestorben, spiegelt einen wichtigen Teil der Geschichte Europas wider: die politischen Auseinandersetzungen der 1920er und 1930er Jahre ebenso wie das antifaschistische Exil in der Tschechoslowakei, im Spanischen Bürgerkrieg, in Frankreich und Großbritannien und eine Rückkehr in ein Nachkriegsösterreich, das sie nicht gerade mit offenen Armen empfing. Bis heute ranken sich zahlreiche Gerüchte um Ilsa Barea-Kulcsar, die ihre wahre Bedeutung als politisch engagierte, selbstbewusste Frau, als Volksbildnerin, Übersetzerin, Schriftstellerin und Intellektuelle zwischen den Kulturen nur verzerrt widergeben.
Georg Pichler. Profesor titular für Deutsche Sprache und Literatur an der Universidad de Alcalá. Forschungsschwerpunkte: Deutsches und spanisches Literatur; Exilliteratur; kulturelle Beziehungen zwischen den deutsch- und spanischsprachigen Ländern; Gedächtnispolitik in Spanien, Deutschland und Österreich.
Letzte größere Publikationen: Camaradas. Österreicherinnen und Österreicher im Spanischen Bürgerkrieg 1936–1939. Graz 2017 (hg. mit Heimo Halbrainer); Ilsa Barea-Kulcsar: Telefónica. Roman. Hg. u. Nachw. von Georg Pichler. Wien und Xixon 20219 (deutsch und spanisch); Deutsche und Österreicher zwischen Frankreich und Spanien: Zirkulationen, Mobilitäten und Transfers. Cahiers d’études germaniques 85, 2023 (hg. mit Hélène Leclerc); Mitherausgeber von Inseln als literarischer und kultureller Raum. Utopien, Dystopien, Narrative der Reise. Berlin 2023.