Primocic Agnes, geb. Reinthaler; Arbeiterin, Betriebsrätin und Widerstandskämpferin

Geb. Hallein, Sbg., 1905

Gest. Hallein, Sbg., 2007

Herkunft, Verwandtschaften: 5 Geschwister. Der Vater war Brauarbeiter und Sozialdemokrat sowie streng katholisch. Mutter: Weißnäherin.

LebenspartnerInnen, Kinder: 1930 heiratete sie einen Arbeiter aus der Zellulosefabrik, er kehrte aus dem Krieg nicht mehr zurück. Drei Kinder. 1950 ging sie wieder eine Beziehung zu einem Mann ein, der einen Stiefsohn mitbrachte.

Ausbildungen: Volksschule, vier Klassen Bürgerschule.

Laufbahn: Kam mit vier Jahren auf einen Kostplatz zu einem Bauern, wurde zurückgeholt als die Eltern den Kostplatz nicht mehr bezahlen konnten und kam dann in die Stadt in eine Kinderbetreuungsanstalt. Mit 13 Jahren wurde sie „Herdmädchen“. Mit 16 Jahren Telefonistin in der Stadtgemeinde, wechselte wegen des geringen Verdienstes in die Tabakfabrik. Als sie mit 17 Jahren schwanger wurde, verließ sie die Familie und suchte sich ein Zimmer. Ihren Buben musste sie auf Kost geben, er wurde später Bäcker. Politisches Engagement an ihrer Arbeitsstelle. 1933 Reise nach Russland, um Betriebe, Schulen und Kindergärten zu besichtigen. Wegen dieser Reise Ausschluss aus der SDAPÖ. Beitritt zur KPÖ. 1934 wegen kommunistischer Betätigung verurteilt und fristlos aus der Zigarrenfabrik entlassen. Unter Dollfuß und Schuschnigg in der „Roten Hilfe“ tätig, viermal verhaftet. Nach der Geburt ihrer Tochter baute sie mit ihrem Mann und anderen Mitgliedern der Naturfreunde eine Almhütte zu einer Schutzhütte um. Nach dem Einmarsch der Nazis wurde sie wiederum in der Fabrik eingestellt, verlor ihre Arbeit aber neuerlich, als die Fabrik in einen Rüstungsbetrieb umfunktioniert wurde. 1942 verhaftet, weil sie Geld für die „Rote-Hilfe-Organisation“ weitergeleitet hatte. Obwohl sie wegen ihrer kleinen Kinder nicht auffallen wollte, verhalf sie immer wieder politischen Häftlingen zur Flucht, so etwa Sepp Plieseis, der die Partisanenbewegung im Salzkammergut leitete. Außerdem rettete sie 17 Häftlingen des KZ Hallein das Leben. Nach dem Krieg musste sie ihre Familie mit Näharbeiten erhalten. Insgesamt befand sie sich zwischen 1938 und 1945 zweimal für mehrere Wochen in Haft. In der provisorischen Halleiner Stadtregierung engagierte sie sich als Gemeindevertreterin im Bereich Fürsorge. Auf ihre Initiative hin wurden drei Kindergärten gegründet. Von Fred Sinowatz wurde sie als Zeitzeugin in Schulen eingeladen.

Ausz., Mitglsch.: Seit 1945 in der Parteiführung der KP (Salzburg), 1948 Landessekretär für Salzburg, Mitglied des Bundes Demokratischer Frauen (BDF), Ehrenbürgerschaft der Stadt Hallein, Silbernes Verdienstzeichen und Befreiungsmedaille, 2001 Ehrenbürgerin der Stadt Hallein.

W.: „Aus der Arbeit einer Mietervertreterin. In: Ö. Z., 3.3.1954 (Archiv der KPÖ)“, „Unser Parteitag. In: Salzburger Tagbatt, 14.4.1950 (Archiv der KPÖ)“, „Amerikanische Demokratie. In: Pressedienst (PKP), 9.3.1948 (Archiv der KPÖ)“, „Frauen im antifaschistischen Widerstand: Agnes Primoschitz: ‚Ich kann nicht stillhalten, wenn Unrecht passiert.’ In: Stimme der Frau, Nr. 1, 1983 (Archiv der KPÖ), „Vom „Ohne uns“ zur nationalen Widerstandsbewegung. In: Österreichische Volksstimme, 4.11.1957 (Archiv der KPÖ)“

L.: Berger 1985, BLÖF, Welzig 2008, Falter 20.9.1983, 2001, Nr. 29, NZ 11.11.1950, Volksstimme 28.5.1949, 2.10.1949, 16.5.1954