Mair Anna, verh. Griesle; Gegnerin des NS-Regimes

Geb. Innsbruck, Tirol, 2.8.1911

Herkunft, Verwandtschaften: Mutter: Anna Mair, geb. Penz; Vater: Josef Mair, Bauernsohn, der bis 1906 als Maurer beim Stift Wilten gearbeitet hat und dann das „Waldhüttl“ bei Mentenberg, das im Sommer als Gastwirtschaft genutzt wird, in Pacht genommen hat. Nach dem Tod seiner Frau Anna heiratet er 1922 zum zweiten Mal.

LebenspartnerInnen, Kinder: ein Sohn geb. 1933. Sie heiratet im Jänner 1940, 1942 bekommt sie ihr zweites Kind.

Laufbahn: A. M. besuchte bis zu ihrem 14. Lebensjahr die Volksschule in Innsbruck. Anschließend ist sie im Haushalt des Vaters tätig. Die Familie ist streng religiös und „vaterländisch-österreichisch“ eingestellt. Sie gehörten der F. Ö. (Freiheit Österreich) an. Die F. Ö. war eine legitimistisch-konservative Gruppe, die von Tiroler Jugendlichen, die gegen den Nationalsozialismus eingestellt waren, anlässlich einer Dollfuß-Gedenkfeier bei Matrei am Brenner am 24. Juli 1938, gegründet wurde. Am 10. September 1938 wurde in der Gastwirtschaft von Josef Mair die Vereidigung der Kameradschaftsführer vorgenommen. A. M. stellte ihr Zimmer für die Herstellung von Flugzettel für die F. Ö. zur Verfügung. Dort wurden Flugzettel, die zum Hören des österreichischen Freiheitssenders aufriefen − eines laut der nationalsozialistischen Machthaber „staatsfeindlichen Hetzsenders“ − verborgen. Vom 23. November 1938 bis zum 6. Februar 1939 muss A. M. eine Untersuchungshaft verbüßen. A. M. wird am 28. Oktober 1941 gemeinsam mit Gerda Markowetz, Erna Tschaikner und August Kirchner beim Landgericht Innsbruck als Sondergericht angeklagt, weil sie gegen das Gesetz gegen die Neubildung von Parteien verstoßen hätten. A. M. wird zur Last gelegt, sie habe aus Gesprächen entnehmen können, dass mehrere Besucher der Gastwirtschaft ihres Vaters antinationalsozialistisch eingestellt waren. Laut Anklage kannte A. M. den Inhalt der Flugzettel und wusste aus den Reden der F. Ö. Mitglieder, dass es sich um eine illegale Organisation handle. Nach der Entdeckung der Organisation durch die nationalsozialistischen Behörden verbrannte A. M. die Flugzettel, die in ihrem Zimmer versteckt waren.

Am 5. April 1944 wird sie vom Sondergericht beim Landgericht Innsbruck zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt, weil sie „den organisatorischen Zusammenhalt einer anderen politischen Partei als der NSDAP, nämlich eine österreichisch legitimistischen Verein aufrecht erhalten (hat).“ Die Untersuchungshaft vom 23. November 1938 bis 6. Februar 1939 wird ihr an die Haftzeit angerechnet. Bei der Strafbemessung waren, laut Urteil ihre Unbescholtenheit, ihr Geständnis und, „daß die Angeklagte zur damaligen Zeit den Nationalsozialismus in seiner wahren Gestalt nicht kannte, vielmehr darüber mit Rücksicht auf ihre Erziehung und ihren Umgang offenbar eine verzerrte Vorstellung davon haben mußte.“

Qu.: DÖW 4143, 8039, 8015.

L.: Dokumentationsarchiv 1984b

Karin Nusko