Kurzweil Adele; Verfolgte des NS-Regimes

Geb. Graz, Stmk., 31.1.1925

Gest. KZ Auschwitz, Deutsches Reich − Generalgouvernement (Oświęcim, Polen), am 9.9.1942 nach Auschwitz deportiert u. dort ermordet

Herkunft, Verwandtschaften: Tochter von Bruno und Gisela Kurzweil (geb. Trammer). Der jüdische Rechtsanwalt Bruno Kurzweil tritt bereits als 21-Jähriger aus der Israelitischen Kultusgemeinde aus, Gisela und A. folgen 1926.

Ausbildungen: Besuch des Lycée Michelet in Montauban.

Laufbahn: A. K.s Vater Bruno Kurzweil war in den 1920er- und 30er-Jahren ein bekannter Rechtsanwalt und hatte die steirische Sozialdemokratie bzw. Funktionäre der Partei in einer Reihe spektakulärer Verfahren vertreten – auch nachdem die Sozialdemokratie nach den Februarkämpfen 1934 in die Illegalität gedrängt worden war. Unter dem NS-Regime erhielt A. K.s Vater als jüdischer Rechtsanwalt und auch wegen seiner sozialistischen Überzeugung im Juni 1938 Berufsverbot. Ab Herbst 1938 durfte A. K. die Schule nicht mehr besuchen. Im Sommer desselben Jahres flüchtete die Familie Kurzweil nach Paris. Bruno Kurzweil schloss sich dort der „Auslandsvertretung der österreichischen Sozialisten“ an und verfasste Artikel für deren Exilzeitschrift. A. K. trat in die Rote-Falken-Gruppe „Freundschaft“ ein, die von österreichischen Sozialisten im Pariser Exil gegründet worden war. Dort wurde den Flüchtlingskindern inmitten ihrer schwierigen Lage ein Gemeinschaftsgefühl und die Hoffnung auf eine bessere (sozialistische) Welt vermittelt. Neben regelmäßigen Treffen mit anderen Jugendlichen gab es auch die gemeinsame Sommerfrische in einer Jugendherberge in Plessis-Robinson, einem Vorort von Paris. Bei Ausbruch des Krieges im Jahr 1939 kamen die Kinder direkt von dort in die Kinderheime der OSE, einer vom Wiener sozialdemokratischen Pädagogen Ernst Papanek geleiteten jüdischen Wohlfahrtsorganisation, nach Montmorency. A. K.s Vater wurde in das Internierungslager Meslay-du-Maine gebracht. Während A. K. vom Kinderheim aus ihre Schule besuchte, begann ihr Vater, nachdem er im Februar 1940 aus der Internierung entlassen worden war, sich intensiv in der österreichischen Exilorganisation „Zentralvereinigung österreichischer Emigranten“ zu betätigen. Mit dem Sieg der deutschen Truppen und der Besetzung von Paris sowie Nordfrankreichs setzte eine Fluchtwelle der Emigrierten ins Vichy-Frankreich ein. Auch die sozialistische Exilorganisation ging auf Anraten von Léon Blum in den Süden, nach Montauban. Dadurch begingen die Kurzweils, wie viele andere, den verhängnisvollen Fehler, eine Aufenthaltsgenehmigung für Montauban zu beantragen und sich damit als Juden registrieren zu lassen. In Montauban besuchte A. K. das Lycée Michelet. Ihr Vater übernahm die „Agenden der Verlassenschaft“ der österreichischen Sozialdemokratie in Frankreich. Er organisierte mit Unterstützung aus den USA das Überleben der in Montauban Gebliebenen und verteilte das Geld, das von den bereits nach Amerika Emigrierten nach Frankreich geschickt wurde. Während Bruno Kurzweil versuchte, Aufenthaltsbestätigungen für die USA bzw. Mexiko zu bekommen, setzten die Deportationen ein, die mit Hilfe der französischen Polizei anhand der Listen von Registrierungen erfolgten, die im Zuge der Fluchtwelle der Emigrierten entstanden waren. Die Familie Kurzweil wurde im August 1942 den Deutschen ausgeliefert. In der Nacht vom 1./2. September wurde die Familie nach Drancy und am 9. September mit dem Transport Nr. 30 nach Auschwitz deportiert und in der Folge ermordet. A. K. starb im Alter von 17 Jahren.

Qu.: Die Dokumente aus den Koffern der Familie Kurzweil sind heute im Musée de la résistance et de la déportation in Montauban zu sehen. Siehe: http://www.montauban.com/_Les_musees_de_la_ville/

L.: Dokumentationsarchiv 2004, Ehetreiber/Halbrainer/Ramp 2001, Theisen 2009, http://www.korso.at/