Jalkotzy Sigrid

geb. Deger
* 3.2.1940, Linz a. d. Donau, OÖ
Althistorikerin

Besuch des Realgymnasiums Linz-Körnerstraße, 1958 Matura; 1958/59 Absolvierung des Abiturientenjahrgang an der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt, 1959 Maturaabschluss, Pflichtschullehrerin an verschiedenen Volks- und Hauptschulen in Steyr/O.Ö.; 1960 Stipendium der Stadt Linz für das Studium der Alten Geschichte und Klassischen Philologie sowie Geschichte und Archäologie an der Universität Wien; 1.4.1968 Promotion zum Dr. phil.; daneben Studium der Schulmusik mit Hauptfach Gesang und Klavier (ohne Studienabschluss) an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien; 1968-1970 Lektorin in der Pädagogischen Abteilung des Verlages Jugend und Volk, Wien; 1970-1972 Postgraduales Studium der Mykenologie an der Cambridge University als Stipendiatin des österreichischen Unterrichtsministeriums und des British Council; nach Rückkehr bis 1977 Stelle als Forschungsassistentin an der Mykenischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; 1975-1986 Mitglied des Grabungsteams von Aigeira/Peloponnes, 1976 Mitglied der Mykenischen Kommission der Österr. Akademie der Wissenschaften; 1978-1986 Universitätsassistentin am Institut für Alte Geschichte und Klassische Archäologie der Universität Wien, 1979 Habilitation an der Universität Wien; 1980 Gastprofessor an der Universität Cambridge; 1984 Berufstitel „Außerordentlicher Professor“; 1986 Ordentliche Professorin am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde der Universität Salzburg.
1987 Korrespondierendes Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften; 1988- 1992 Leiterin des österreichischen Teams der österreichisch-griechischen Ausgrabungen in Elateia/Phokis; 1995 Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften und Ernennung zur Prodekanin der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg gewählt (bis 1999); 2008 Emeritierung von der Universität Salzburg, Wahl zur Vizepräsidentin der Österr. Akademie der Wissenschaften (2009-2011); 2011-2013 Präsidentin der Philosophisch-historischen. Klasse der Österr. Akademie der Wissenschaften.

S. D. wurde am 3. Februar 1940 geboren. Ihr Vater Rudolf Deger, aus Pforzheim stammend, kam als aktiver Offizier im Zug des „Anschlusses“ nach Linz, geriet 1945 in russische Gefangenschaft und wurde 1957 für tot erklärt. Ihre Mutter Josefine Deger, geb. Bachinger, erhielt einen Posten als Beamtin beim Magistrat Linz. Die Nachkriegsjahre waren für Mutter und Tochter durch materielle Härte gezeichnet; dennoch durfte S. J. das Realgymnasium Linz-Körnerstraße bis zum Abschluss besuchen und 1958 die Matura ablegen. Ein Universitätsstudium war allerdings nicht finanzierbar. Daher absolvierte sie 1958/59 den Abiturientenjahrgang an der Lehrer- und Lehrerinnenbildungsanstalt mit Maturaabschluss 1959 und war anschließend als Pflichtschullehrerin an verschiedenen Volks- und Hauptschulen in Steyr/O.Ö. tätig.
1960 erhielt sie jedoch ein Stipendium der Stadt Linz, wodurch sie an der Universität Wien Alte Geschichte und Klassische Philologie sowie Geschichte und Archäologie studieren konnte. Sie dissertierte bei Fritz Schachermeyr über das Thema „Herrschaftsformen bei Homer“ und promovierte am 1.4.1968 zum Dr. phil.; von der Möglichkeit einer Promotion sub auspiciis Praesidentis, für welche sie die Voraussetzungen erfüllte, machte sie keinen Gebrauch.
Daneben studierte sie (ohne Studienabschluss) an der Akademie für Musik und Darstellende Kunst in Wien Schulmusik mit Hauptfach Gesang und Klavier.
Bereits während der Studienzeit wurde S. J.s hervorragende Begabung und Neigung für eine wissenschaftliche Laufbahn deutlich sichtbar; dennoch kam nach dem höchst erfolgreichen Studienabschluss eine Assistentenstelle im Bereich ihres Promotionsfaches für sie nicht in Frage. Freie Assistentenstellen wurden mit Männern besetzt.
Sie war daher von 1968 bis 1970 als Lektorin in der Pädagogischen Abteilung des Verlages Jugend und Volk, Wien tätig.
Aber ihr Drang zur Forschung war so stark, dass sie von 1970 bis 1972 als Stipendiatin des österreichischen Unterrichtsministeriums und des British Council ein Postgraduales Studium an der Cambridge University absolvierte, und zwar mit Spezialisierung auf dem Gebiet der Mykenologie: Linear B-Forschung bei John Chadwick, Ägäische Archäologie bei Nicholas Coldstream und Mitglied des Graduate Seminar von Moses Finley.
Nach Wien zurückgekehrt, wurde ihr die Stelle einer Forschungsassistentin an der Mykenischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften unter der Leitung des Obmannes Fritz Schachermeyr angeboten, die sie bis 1977 innehatte.
Daneben war sie von 1973 bis 1976 Mitglied der Wiener Schützkantorei.
1971 hatte sie die Ehe mit dem Germanisten, Kunsthistoriker und Verlagslektor Dr. Gottfried Jalkotzy geschlossen. Diese stand unter keinem guten Stern durch das langjährige Leiden Gottfried Jalkotzys, der 1986 starb.
Von 1975 bis 1986 war sie Mitglied des Grabungsteams von Aigeira/Peloponnes (Leitung: Wilhelm Alzinger) und 1976 wurde sie Mitglied der Mykenischen Kommission der Österr. Akademie der Wissenschaften.
Von 1978 bis 1986 war S. J. Universitätsassistentin am Institut für Alte Geschichte und Klassische Archäologie der Universität Wien, habilitierte sich 1979 an der Universität Wien für „Alte Geschichte unter besonderer Berücksichtigung der Mykenologie und der Geschichte der frühen Kulturen des östlichen Mittelmeerraumes“, war 1980 auch Gastprofessor an der Universität Cambridge und erhielt 1984 den Berufstitel „Außerordentlicher Professor“.
1986 wurde sie Ordentliche Professorin für „Alte Geschichte mit besonderer Berücksichtigung der Vor- und Frühgeschichte des Mittelmeer-und des Donauraumes“ am Institut für Alte Geschichte und Altertumskunde der Universität Salzburg. In ihrer Funktion als Lehrstuhlinhaberin hat sie erreicht, dass das Fach „Ur- und Frühgeschichte und Mykenologie“ in Österreich universitär etabliert war. Gemeinsam mit der Mykenischen Kommission der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, deren Obfrau sie 1988 wurde, strahlte die Erforschung der frühesten Kulturen und der frühen Hochkulturen im östlichen Mittelmeerraum weit über die Grenzen Österreichs aus.
1987 wurde sie zum Korrespondierenden Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften gewählt.
Von 1988 bis 1992 leitete sie das österreichische Team der österreichisch-griechischen Ausgrabungen in Elateia/Phokis; sie erhielt Gastprofessuren an den Universitäten von Saarbrücken, Heidelberg, Köln, Rostock und Edinburgh.
Seit 1995 ist sie Wirkliches Mitglied der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Im selben Jahr wurde sie zur Prodekanin der Geisteswissenschaftlichen Fakultät der Universität Salzburg gewählt (bis 1999).
2008 erfolgte ihre Emeritierung von der Universität Salzburg.
Es war freilich ein schwerer Schlag für sie, dass die Professur in Salzburg nach ihrer Emeritierung nicht mehr nachbesetzt wurde.
Doch an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ist ihr Forschungsfeld weiterhin sehr erfolgreich verankert.
S. J.s Forschungsschwerpunkt bildet die Ur- und Frühgeschichte der Ägäis und die Mykenologie und ihr besonderes Interesse gilt der minoischen Kultur Kretas und der mykenischen Kultur Griechenlands, insbesondere den historischen Abläufen und kulturellen Entwicklungen.
Ihrer Emeritierung 2008 folgte ihre Wahl zur Vizepräsidentin der Österreichischen Akademie der Wissenschaften (2009-2011); von 2011 bis 2013 war sie Präsidentin der Philosophisch-historischen. Klasse der Österreichischen Akademie der Wissenschaften.
Für die kommenden Jahre hat sie noch viele Forschungs- und Publikationsvorhaben und –pläne.
Sie empfindet eine besondere persönliche Bindung an Griechenland, die durch zahlreiche Reisen und ihre beiden Ausgrabungen sowie durch viele persönliche Kontakte und Freundschaften mit griechischen Kolleginnen und Kollegen entstanden ist.
Teil ihrer Persönlichkeit ist auch ihre lebenslange Liebe zur Musik.
Nicht vergessen werden sollen ihre Bemühungen, Frauen in ihrem Einflussbereich zu helfen und in deren Laufbahn zu unterstützen.
Zu ihren Auszeichnungen zählen der Kardinal-Innitzer-Würdigungspreis für Geisteswissenschaften (2003), der Kulturpreis des Landes Oberösterreich für Geisteswissenschaften (2010) sowie ihre Wahl zum Korrespondierenden Mitglied der Akademie der Wissenschaften Athen (2004) und der Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (2005).

2007 erschien die ihr gewidmete Festschrift Keimelion: Elitenbildung und elitärer Konsum von der mykenischen Palastzeit bis zur homerischen Epoche = The formation of elites and elitist lifestyles from mycenaean palatial times to the homeric period : Akten des internationale Kongresses vom 3. bis 5. Februar 2005 in Salzburg / herausgegeben von Eva Alram-Stern und Georg Nightingale; Redaktion Anna Elisabeth Bächle. Wien: Verlag d. Österreichischen Akademie der Wissenschaften, 2007. Denkschriften der philosophisch-historischen Klasse, Band: 350:Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission, Band: 27

Werke

Herrschaftsformen bei Homer, Dissertationen der Universität Wien, Bd. 43, Wien, 1970.
Fremde Zuwanderer im Spätmykenischen Griechenland. Zu einer Gruppe handgemachter Keramik aus Myk. III C Siedlungsschichten von Aigeira (= Sitzungsberichte der ÖAW, phil.-hist. Kl., Bd. 326), Wien, 1977.
E-QE-TA. Zur Rolle des Gefolgschaftswesens in der Sozialstruktur mykenischer Reiche (= Sitzungsberichte der ÖAW, phil.-hist. Kl., Bd. 344), Wien, 1978.
Gem. mit Dakoronia, Ph. / Sakellariou, A. (unter Mitwirkung von I. Pini): Corpus der minoischen und mykenischen Siegel Band V Suppl. 2: Die Siegel aus der Nekropole von Elatia-Alonaki. Berlin, 1996.
Das mykenische Griechenland. München. (In Vorbereitung).

Griechenland, die Ägäis und die Levante während der ”Dark Ages” vom 12. bis zum 9. Jh. v. Chr. Akten des Symposions von Stift Zwettl (NÖ), 11.-14. Oktober 1980 (= Sitzungsberichte der ÖAW, phil.-hist. Kl., Bd. 418). Wien, 1983.
Gem. mit Hiller, St. / Panagl, O.: Floreant Studia Mycenaea. Akten des 10. Internationalen Mykenologischen Kolloquiums in Salzburg vom 1.-5. Mai 1995 (= ÖAW, Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission Bd. 18). Wien, 1999.
Gem. mit Zavadil, M.: LH III C Chronology and Synchronisms. Proceedings of the international workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, May 7th and 8th, 2001. Wien, 2003.
Gem. mit Panagl, O.: Die neuen Linear B Texte aus Theben: ihr Aufschlusswert für die mykenische Sprache und Kultur. Akten des internationalen Forschungskolloquiums an der Österreichischen Akademie der Wissenschaften 5.-6. Dezember 2002 (= ÖAW, Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission Bd. 19). Wien, 2006.
Gem. mit Lemos, I.: Ancient Greece from the end of the Mycenaean palaces to the Age of Homer. Proceedings of the Third Leventis Conference „From Wanax to Basileus“ 21-25 January, 2003. Edinburgh, 2006.
Gem. mit Alram-Stern, E.: Aigeira I: Die mykenische Akropolis. Faszikel 3: Vormykenische Keramik, Kleinfunde, archäozoologische und archäobotanische Hinterlassenschaften, naturwissenschaftliche Datierung (= Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission Band 24 und Sonderschriften des ÖAI Band 43). Wien, 2006.
Hinterlassenschaften, naturwissenschaftliche Datierung (= Veröffentlichungen der Mykenischen Kommission Band 24 und Sonderschriften des ÖAI Band 43). Wien, 2006.
Gem. mit Zavadil, M.: LH III C Chronology and Synchronisms II: LH IIIC Middle. Proceedings of the international workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, October 29th and 30th, 2004. Wien, 2007.
Gem. mit Bächle, A. E.: LH III C Chronology and Synchronisms III: LH IIIC Late and the Transition to the Early Iron Age. Proceedings of the international workshop held at the Austrian Academy of Sciences at Vienna, February 24th and 25th, 2007. Wien, 2009.

113 Artikel zur mykenischen Kultur und zu homerischen Themen in internationalen Zeitschriften und Sammelwerken.

Literatur / Quellen

Eigenbeobachtungen
Lebenslauf
Mitteilungen von Sigrid Jalkotzy

BiografieautorIn:

Edith Stumpf-Fischer