Gyömröi, Edith

Rényi, Glück, Ujvári, Ludowyk-Gyömröi, geb. Gelb

* 8.9.1896, Budapest, Ungarn, † 10.2.1987, London, Großbritannien
Psychoanalytikerin

Besuch einer Fachschule für Kunstgewerbe; Tätigkeit am Volkskommissariat für Bildungswesen; 1918 Gast beim V. Intern. Psychoanalytischen Kongress, Budapest; 1919 Flucht nach Wien; 1923 Umzug nach Berlin, dort 1924-1929 für Filmgesellschaften und für die kommunistische Zeitschrift tätig; 1929 Absolvierung einer psychoanalytischen Ausbildung; 1933 außerordentliches Mitglied der „Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft“, Emigration nach Prag, Aufbau der „Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft“; 1934 Umzug nach Budapest, Mitglied der „Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung“; 1934-1938 Analytikerin und Dozentin am Lehrinstitut in Budapest; 1938 Emigration nach Ceylon, Aufbau der psychoanalytischen Praxis; Gründung einer Webereischule für junge Mädchen in Colombo, Studium an der Universität in Colombo ein Studium, Promotion 1944, Tätigkeit als Psychoanalytikerin; 1956 Umzug nach London, Aufnahme in die ”British Psycho-Analytical Society“ , Mitarbeiterin an der Hampstead Clinic, von London aus Mitaufbau der psychoanalytischen Gruppe in Budapest.

E. G. ist die Tochter des Möbelfabrikanten András Gelb und Ilona Pfeifers. Die jüdische Familie war 1899 zum Katholizismus konvertiert und magyarisierte den Namen Gelb in Gyömrői. Über ihren Onkel, den Psychiater und Psychoanalytiker István Hollos, kam sie bereits in ihren Jugendjahren mit der Psychoanalyse in Berührung.
E. G. besuchte eine Fachschule für Kunstgewerbe und sollte eigentlich Innenarchitektin werden, die Schule schloss sie jedoch nicht ab.
E. G. verkehrte in den Künstler- und Intellektuellenkreisen in Budapest, sie beteiligte sich an den Diskussionen des „linken Sonntagskreises“, an dem u. a. Georg Lukács, Karl Mannheim und René Spitz teilnahmen. Sie arbeitete in der kurzen Zeit der ungarischen Räterepublik beim Volkskommissariat für Bildungswesen. 1918 nahm sie als Gast am V. Internationalen Psychoanalytischen Kongress in Budapest teil.
Sie veröffentlichte unter ihrem ersten Namen einen Gedichtband auf Ungarisch, nach der Konterrevolution floh sie 1919 nach Wien, wo sie sich mit Gelegenheitsarbeiten durchbrachte. In Wien schrieb sie auch weiterhin Gedichte. Der befreundete Schriftsteller Hermann Broch veröffentlichte einige ihrer Werke in der von Franz Pfemfert herausgegebenen Zeitschrift „Die Aktion“ und setzte sich auch später für sie ein. 1923 zog E. G. nach Berlin und heiratete in zweiter Ehe Lázlo Glück. E. G. war von 1924 bis 1929 zeitweise für Filmgesellschaften und in den Redaktionen kommunistischer Zeitschriften tätig. Etwa 1929 absolvierte sie eine psychoanalytische Ausbildung. 1933 wurde sie außerordentliches Mitglied der „Deutschen Psychoanalytischen Gesellschaft“, im Herbst emigrierte die Kommunistin nach Prag und beteiligte sich am Aufbau der „Prager Psychoanalytischen Arbeitsgemeinschaft“. Ein Jahr später zog sie wieder nach Budapest und wurde Mitglied der „Ungarischen Psychoanalytischen Vereinigung“. E. G. wurde zwar 1934 aus der KP ausgeschlossen, blieb aber zeitlebens Marxistin. 1934 bis 1938 wirkte sie als Analytikerin und Dozentin des Lehrinstituts in Budapest. Sie trat auch mit Vorträgen in der Öffentlichkeit in Erscheinung, sprach über Probleme der Kinder, über sexuelle Probleme in der Ehe und sie unterrichtete Pädagogen. In dritter Ehe war E. G. mit dem ungarischen Journalisten Lázlo Ujvári verheiratet, mit dem sie 1938 nach Ceylon emigrieren konnte. Dort baute sie ihre psychoanalytische Praxis auf, wollte aber nach dem Tod ihres dritten Mannes 1940 nicht in Ceylon bleiben. Bald kehrte sie aber doch nach Colombo zurück und heiratete den Anglisten Lyn Ludowyk. Als ausgezeichnete Webkünstlerin gründete sie eine Webereischule für junge Mädchen, holte an der Universität in Colombo ein Studium nach und promovierte 1944 mit einer religionspsychologischen Arbeit über buddhistische Philosophie. Ihr Studium einer ihr fremden Religion und Kultur ermöglichte E. G. als Psychoanalytikerin zu arbeiten.
E. G. beschäftigte sich mit den sozialpsychologischen Verhältnissen in Indien, schrieb Romane und Erzählungen. 1956 zog sie mit ihrem Mann nach London. Sie wurde in die „British Psycho-Analytical Society“ aufgenommen und gehörte zum Kreis um Anna Freud, sie wurde Mitarbeiterin an der Hampstead Clinic und praktizierte bis ins hohe Alter. Eine Arbeit über die Analyse eines Konzentrationslageropfers erschien 1963 in der Reihe ”The Psychoanalytic Study of the Child“ und 1966 in der Zeitschrift ”Psyche“. Von London aus beteiligte sie sich auch am Aufbau der psychoanalytischen Gruppe in Budapest.
Verheiratet mit dem Chemiker Ervin Rényi, die Ehe wurde 1918 geschieden. Der gemeinsame Sohn Gabor wuchs bei seinem Vater auf. 2. Ehe mit Lázlo Glück; 3. Ehe mit dem Journalisten Lázlo Ujvári; in 4. Ehe mit dem Anglisten Lyn Ludowyk verheiratet.

Werke

Besprechung: Martha Mitnitzky-Vagó: Ethos, Hypokrisie und Libidohaushalt. In: The Psychoanalytic Quarterly, 13, 1944.
Aurea Prima Sata Est. University of Ceylon Review, April 1944.
Pubertätsriten der Mädchen in einer in Umwandlung begriffenen Gesellschaft. In: Pfister-Amende, M. (Hg.): Geistige Hygiene. Forschung und Praxis, 1955.
The Analysis of a Young Concentration Camp Victim. In: The Psychoanalytic Study of the Child 18, 1963.
Die Psychoanalyse eines jungen Konzentrationslageropfers. In: Psyche 20, 1966.
Erinnerungen an Otto Fenichel und an die Deutsche Psychoanalytische Gesellschaft. In: Luzifer-Amor. Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse 8, 1995.

Literatur / Quellen

Ludwig-Körner, Ch.: Wiederentdeckt. Psychoanalytikerinnen in Berlin. Gießen, 1998, S. 68-78.
Mühlleitner, E. / Reichmayr, J. (Hg.): Fenichel, O.: 119 Rundbriefe (1934-1945). 2 Bde. Frankfurt /M., 1998.
Reichmayr, J. / Wagner, U. / Ouederrou, C. / Pletzer, B. (Hg.): Psychoanalyse und Ethnologie. Biographisches Lexikon der psychoanalytischen Ethnologie, Ethnopsychoanalyse und interkulturellen psychoanalytischen Therapie. Gießen, 2003.
Schröter, M.: Edith Gyömröi (1896-1987). Eine biographische Skizze. In: Luzifer-Amor. Zeitschrift zur Geschichte der Psychoanalyse 8, o. O.,1995, S. 102-115.

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