Gerold Rosa von, geb. Henneberg; Schriftstellerin und Salondame

Geb. Waltershausen/Thüringen (Deutschland), 13.8.1829

Gest. Wien, 16.1.1907

LebenspartnerInnen, Kinder: 1853 Eheschließung mit dem angesehenen Verlagsbuchhändler Moriz Gerold (1815-1884), der am 7.8.1876 in den Adelsstand erhoben wurde; das Wappenschild zeigt einen Speer und einen Adler. Die dreißig Jahre währende harmonische Ehe blieb kinderlos.

Herkunft, Verwandtschaften: Der Vater (gest. 1869) war ein erfolgreicher Kaufmann aus Arnstadt, die Mutter Christiane, geb. Kestner (gest. 1876), war eine Tochter des Kaufmanns und Hauptmanns der Stadtmiliz Balthasar Kestner in Waltershausen. Die Großeltern väterlicherseits betrieben eine Gerberei, die Großmutter mütterlicherseits stammte aus einem reichen Bauernhaus. 1836 übersiedelten die Eltern nach Frankfurt und schließlich nach Wien. Schwester Melanie (geb. 1832), Bruder Bruno (1834-1886).

Freundschaften: In ihrem glänzenden, gastlichen Salon verkehrten SchriftstellerInnen, bildende Künstler und Wissenschafter, z. B. Anselm Feuerbach, der Maler Ludwig Hans Fischer, der Bildhauer Caspar von Zumbusch, der Architekt Heinrich von Ferstel, Marie von Ebner-Eschenbach, mit der sie besonders eng verbunden war, die Dichterinnen Maria von Najmajer und Gräfin Anna Pongracz, der Schriftsteller Alexander von Warsberg, den sie sehr bewunderte, Paul Heyse sowie der bayerische Jurist und Schriftsteller Ludiwg Steub; weiters der Germanist Karl Tomaschek, der Latinist Johannes Vahlen, der Shakespeare-Forscher Nikolaus Delius, der Altphilologe, Germanist und Grimm-Schüler Karl Bartsch und viele andere, aber auch Geschäftsfreunde, z. B. vom Verlag Hachette in Paris.

Ausbildungen: R. G. erhielt die begrenzte Schulbildung einer „höheren Tochter“, die sie durch eifriges Lesen und das Studium von Fremdsprachen sowie durch Reisen und längere Aufenthalte in Weltstädten erweiterte. Sie nützte damit jene (Aus-)Bildungsmöglichkeiten für Mädchen ihrer Gesellschaftsschicht zu dieser Zeit, welche gesellschaftlich im Wesentlichen akzeptiert wurden.

Laufbahn: Nach ihrer Eheschließung führte sie, an das Gesellschaftsleben von Jugend an gewöhnt, einen vornehmen Salon, in dem hervorragende Persönlichkeiten der Gelehrten- und Künstlerwelt verkehrten. Vom Frühling bis zum Herbst hielten sich Moriz und R. G. auf ihrem Landsitz Lindenhof in Neuwaldegg auf, der 1861 von Karl Hasenauer für sie erbaut worden war; die Wintermonate von November bis März verbrachten sie in ihrem Stadthaus in der Postgasse (damals Barbaragasse) im 1. Wiener Bezirk, wo sich auf Nr. 6 das Verlags- und Druckereihaus ihres Mannes, erbaut 1852 von Eduard van der Nüll und August Sicard von Sicardsburg, befand. R. G. nahm lebhaften Anteil an der Tätigkeit ihres Mannes – in ihrem Salon wurden z. B. noch ungedruckte Werke der Beurteilung unterzogen, wobei ihre Meinung viel galt. Auch interessierte sie sich sehr für Botanik. Sie war selbst schriftstellerisch tätig. Ihre Reisebeschreibungen ließ ihr Mann in seinem Betrieb drucken. Auf ihr Ersuchen stellte ihre Freundin Goswina von Berlepsch autobiographische Aufzeichnungen aus ihrem Nachlass zu einer Publikation zusammen. Die unpublizierten Manuskripte vermachte R. v. G. der Österreichischen Nationalbibliothek (damals Hofbibliothek). Sie selbst beurteilte ihre Arbeiten als dilettantische „Eintagsfliegen“. Ihre 1300 Bände umfassende Hausbibliothek zeigt ebenfalls ihr lebhaftes literarisches Interesse. An der geschäftlichen Seite des Betriebes nahm sie jedoch keinen Anteil und führte ihn nach dem Tod ihres Mannes auch nicht als Witwenfortbetrieb weiter, zumal sie ihn weder zur eigenen Existenzsicherung noch für Kinder erhalten musste. Die Leitung übernahm Friedrich Gerold, der ältere Bruder ihres Mannes, der diese am 1.10.1885 an seinen Sohn Friedrich Gerold jun. Und Hermann Manz übertrug; 1895 zog sich Friedrich Gerold jun. Ganz von den Geschäften zurück. Um R. G. wurde es in ihrer Witwenzeit stiller und ihre Stadtwohnung in der Barbaragasse vertauschte sie bald mit einem Haus in Dornbach im 17. Wiener Bezirk (Neuwaldeggerstraße 6), wo sie am 16.1.1907 starb. Sie wurde am 18.1.1907 am Dornbacher Friedhof in der Familiengruft der Familie Henneberg (Gruppe 1 Nr. 7) bestattet, in der sie bis 1994 lag.

Qu.: Die gedruckten und ungedruckten selbstbiographischen Schriften. Grabprotokoll.

W.: „Eine Herbstfahrt nach Spanien“ (1880), „Ein Ausflug nach Athen und Corfu“ (1885), „Ein Ausflug nach Kerkyra und Athen. Augenblicksbilder aus dem Buche meiner Erinnerungen“ (1904), „Erinnerungen. Aus dem Nachlass hrsg. v. Goswina von Berlepsch“ (1908), Manuskripte: Hauschronik. Briefwechsel mit Alexander von Warsberg sowie mit Henriette Feuerbach. Die Tagebücher. „Die Frage“ und „Serenade“ (Einakter, nachgedichtet bzw. übersetzt aus dem Französ.)

L.: Jeschke 1990, Gegendorfer 1948, biographische Artikel in Czeike Bd. 2 2004 und im ÖBL

 

Edith Stumpf-Fischer