Biebl, Maria Theresia

geb. Hofbauer, genannt Marietta; Dokumentarin
* 4.8.1925, Dietmanns bei Gmünd, NÖ, † 13.3.2005, Wien

Herkunft, Verwandtschaften: Vater: Emmerich Hofbauer (1894–1967), Zentralverwalter der Landwirtschaftlichen Genossenschaften von NÖ; Mutter: Aloisia geb. Biegenzahn (1899–1988), Hausfrau. Geschwister: Dipl.-Ing. Emmerich (geb.1927), Gertrud, verehel. Prandtner (geb. 1929), Alois (geb.1934), Otto (geb.1938).
LebenspartnerInnen, Kinder: 1951 Eheschließung mit Dr. phil. Herwig Biebl (1925–1990), Lehrer an der HTL in St. Pölten); die beiden kannten sich seit ihrer Schulzeit. Die Ehe war nicht glücklich, ihr Partner autoritär und eifersüchtig auf ihren Beruf.
Ausbildungen: Matura am 10.3.1943 in Gmünd; von April bis Oktober 1943 Reichsarbeitsdienst in Marienkirchen bei Schärding (OÖ), anschließend Kriegshilfsdienst als Serviererin in den Steyrerwerken. Nach einem Studiensemester an der Universität Wien ab September 1944 bis Kriegsende Wetterdiensthelferin im Militärflughafen Seyring bei Wien. Ab WS 1945/46 Studium der Germanistik und Anglistik an der Universität Wien; Promotion am 3.3.1949. 1970 absolvierte sie den ersten Dokumentarkurs in Österreich, der vom Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI) abgehalten wurde.
Laufbahn: Vom September 1950 bis Juni 1957 arbeitete sie nach Absolvierung einer einschlägigen englischen Ausbildung in der Bibliothek des Amerikahauses. 1957 bis 1959 war sie Mitarbeiterin bei dem Projekt eines naturwissenschaftlichen Lexikons (Projektleiter: Dr. Josef Mayerhöfer, späterer Direktor der Theatersammlung der Österreichischen Nationalbibliothek, Finanzierung: BMUK, Verlag: Hollinek). Im Mai 1959 erhielt sie eine Anstellung in der Bibliothek der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien. 1968 wurde in der Kammer eine eigene sozialwissenschaftliche Dokumentationsstelle (SOWIDOK) gegründet, mit deren Aufbau und Leitung sie betraut wurde (seit 1957 war im Rahmen der Bibliothek Dokumentation betrieben worden). Sie baute eine der ersten und größten österreichischen Dokumentationsstellen auf und war – auf Wunsch des damaligen Arbeiterkammerpräsidenten Hans Czettl bzw. des Österreichischen Arbeiterkammertages – auch unter den Ersten, die auf EDV (Stairs-System) umstellten (1980; vorher Mikroverfilmung mit digitalem Suchsystem). Dabei leistete sie viel Pionierarbeit. In der bibliothekarischen und dokumentarischen Ausbildung diente ihre SOWIDOK als Muster- und Schulungsstelle. Auf ihr intensives Betreiben wurde ab 1974/75 ein regelmäßig stattfindender Grundkurs „Einführung in Dokumentation und Information“ vom Berufsförderungsinstitut (BFI) in Zusammenarbeit mit der Arbeiterkammer eingerichtet, der auch für bereits im Berufsleben Stehende konzipiert war. Durch die Einbindung der Österreichischen Nationalbibliothek (ÖNB) erreichte sie die Ausstellung eines staatlichen Zeugnisses (diesen Lehrgang absolvierte u. a. die Schriftstellerin Barbara Neuwirth). Ab 1983 entwickelte sie einen EDV-unterstützten sozialwissenschaftlichen Thesaurus (Abfrage nach Schlagwörtern und/oder UDK). Am 1. September 1985 trat sie in den Ruhestand. Dieser wurde durch ihre Erkrankung an Morbus Parkinson sehr überschattet; dennoch pflegte sie bis zuletzt ihre kulturellen Interessen durch Lektüre, Museums- und Ausstellungsbesuche sowie ihre verwandtschaftlichen und freundschaftlichen Kontakte.
Kontakte, Mitgliedschaften: Ein Bekannter ihres Vaters vermittelte sie an Oskar Maurus Fontana, der ihr Aufträge beim Rundfunk verschaffte. Durch ihre Tätigkeit in der Bibliothek und dann als Leiterin der Dokumentation der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien hatte sie Kontakt mit vielen PolitikerInnen, insbesondere mit dem Gewerkschafter und späteren Handelsminister Josef Staribacher, der nach dem Vorbild der Bundeskammer der gewerblichen Wirtschaft die Gründung einer Dokumentation in der Arbeiterkammer betrieb; weiters mit Dr. Hertha Firnberg, die später als erste Wissenschaftsministerin einen gewaltigen Entwicklungsschub im wissenschaftlichen Bibliotheks- und Informationswesen initiierte und Frau Dr. Biebl stets als Expertin heranzog, weil sie ihre Pionierleistung in der Arbeiterkammer aus eigener Benützung kannte und schätzte; ferner mit dem späteren Finanzminister Dr. Ferdinand Lacina, von dem sie Unterlagen über die deutsche Industrie erhielt, mit Franziska Fast, Anton Benya, Sepp Wille, Brigitte Ederer u. a.
Sie war u. a. Mitglied des Beirates des Wissenschaftsministeriums zur Vergabe von Forschungsaufträgen für den IuD-Bereich, des Vorstandes der ÖGDI (Österr. Gesellschaft für Dokumentation und Information) und des Ausschusses der VÖB (Vereinigung Österr. Bibliothekarinnen und Bibliothekare). Auch war sie österreichische Vertreterin in der FID (Fédération Internationale de Documentation) und in UNISIST (UNESCO). Sie pflegte zahlreiche fachliche Kontakte, insbesondere mit dem Präsidenten der FID, Prof. Arntz (BRD), mit Univ. Prof. Krumholz (Freie Univ. Berlin), mit Van Dam (vom zuständigen Ministerium in Den Haag), mit ungarischen Kollegen sowie mit der Generaldirektorin der Österreichischen Nationalbibliothek Dr. Magda Strebl, die bei dem von Dr. Biebl aufgebauten Lehrgang an der Arbeiterkammer mitwirkte, und mit der zuständigenAbteilungsleiterin im Bundsministerium für Wissenschaft und Forschung Dr. Edith Stumpf-Fischer.
Auszeichnungen: Verleihung des Titels „Professor“ durch den Bundespräsidenten (1982); Silberne Mitarbeiternadel des Österreichischen Normungsinstitutes (1986).

Literatur / Quellen

Auskünfte von Maria Biebl, Miterlebnisse der Verfasserin

Werke

Bruno Ertler. Versuch einer Monographie. Diss. Wien 1948.
Die Sozialwissenschaftliche Dokumentation der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Wien. In: Daten, Dienste, Dokumente. Wiss. Dokumentations- und Inf. Wesen in Österreich. Zielsetzungen, Beispiele, 1975.
Documentation and Information in the Social Sciences in Austria by Maria Biebl and Laurenz Strebl. In: Papers of the International Conference on Information and Documentation in Social Sciences. Moscow. Vol. 2, 1977.

Biografieautor:

Edith Stumpf-Fischer

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